Hattingen. Auf dem Weg durchs Revier machen die VW-Fahrer in Hattingen Halt. Viele sind durch ganz Europa gereist. Für sie ist ihr Auto ein Stück Zuhause
Wilfried Kenter (71) sitzt gemütlich in einem Liegestuhl und lässt es sich gut gehen. Neben ihm sitzt Gattin Brigitte (67). Vor ihnen ziert eine bunte Tischdecke einen Tisch, auf der viele kleine VW-Busse abgebildet sind. Ein Stück weiter steht das große weiße Original mit ausgefahrener Markise. Das Auto ist Wilfried Kenters ganzer Stolz – eine Leidenschaft, die er mit 23 weiteren Bulli-Liebhabern teilt, die sich am Wochenende mit 16 Fahrzeugen aufgemacht haben, um die Industriekultur der Umgebung erkunden. Auch die in Hattingen.
An diesem Samstag nun haben sie auf dem Campingplatz Ruhrbrücke Halt gemacht und genießen die Abendsonne.
Die Wendigkeit ist von Vorteil
Im Inneren von Wilfried Kenters Bulli befinden sich: ein Doppelbett, eine Spüle, Dusche und Waschbecken zum Ausklappen sowie eine kleine Küchenzeile. Und in zahlreichen Schränken, Fächern und Schubladen sind Vorräte verstaut. „So ein Bulli bedeutet einfach Freiheit“, betont Kenter. „Bis zu 10 Liter Waser fasst der Tank. Ich könnte mir überall auf der Welt die Hände waschen.“ Da kann Thomas Zimmermann, der den Ausflug organisiert hat, nur zustimmen. „Aber die Dusche habe ich heute zu Hause gelassen“, sagt er lachend. „Mit ein paar Handgriffen wäre sie allerdings auch schon wieder drin.“
Gegenüber einem herkömmlichen Wohnmobil hat der VW-Bus einen entscheidenden Vorteil: „Er ist kleiner und deshalb wendiger“, sagt Kenter. Er und seine Frau sind mit dem Bulli hauptsächlich in Schottland unterwegs, abseits der Hauptstraßen. „Da wird es schon mal eng. Ein großes Auto ist da nur hinderlich.“
Schon zu fünft darin geschlafen
Viele der VW- Fans haben schon weite Strecken mit ihren Autos zurück gelegt, sind durch ganz Europa getourt. Hellen Falk (34) und Christoph Wernecke (32) etwa haben sich vor einiger Zeit für einen Roadtrip durch Neuseeland entschlossen. „Wir würden gerne öfter mit dem Auto durch die Gegend fahren. Aber meistens haben wir dazu leider keine Zeit“, sagen sie mit leichtem Bedauern.
Ähnlich sieht das auch Gila Lening (46). Ihr brauner T3 aus dem Jahre 1996 hat schon so einiges mitgemacht. „Wir haben schon zu fünft darin geschlafen. Mein Mann, unsere drei Kinder und ich.“ Trotzdem sieht der Bus noch aus wie neu. „Wir legen viel Wert auf die Pflege. Es dürfen keine Kratzer im Lack sein.“ Auch Familie Lening steckt viel Liebe und Leidenschaft in das Fahrzeug: „Mit dem VW-Bus können wir halten; wo wir wollen und dort auch so lange bleiben, wie wir möchten. Außerdem haben wir immer unsere eigenen Sachen dabei.“
Ältester Wagen läuft bereits 36 Jahre
Darauf übrigens legen alle Bulli-Fahrer großen Wert. Dafür verzichten sie auch gerne auf den Luxus, den ein Hotel ihnen bieten könnte. „Mein Auto kann einfach alles. Er ist ein Transportmittel, aber auch mein Zuhause“, stellt Ava Smitmans (48) klar. Sie hat einen Bus im Siebziger-Jahre-Flair: beige und braun, 36 Jahre alt, eigentlich ein Museumsstück. Damit ist es mit das älteste der 16 Fahrzeuge, die jetzt in Hattingen Station machen.
In der Tür des Auto, das die Tübingerin liebevoll „Schneckenhaus“ nennt, hängt übrigens eine Wäscheleine. Warum? „Ich bin Künstlerin“, verrät Ava Smitmans. „Und ich fahre mit dem Auto auch immer meine Bilder herum. Auf Reisen lasse ich mich inspirieren und schieße Fotos. Dann arbeite ich zu Hause damit weiter.“