Essen-Heisingen. . Hart, gefährlich und tief unter Tage: Ein ehemaliger Steiger berichtet von seiner Arbeit beim traditionellen Tag des Bergmanns in Heisingen.

Wenn das Heisinger Bergbau- und Heimatmuseum einmal im Jahr zum „Tag des Bergmanns“ einlädt, dann ist der große Pfarrsaal im Pauluszentrum (noch) bis auf den letzten Platz besetzt. Wenn auch Neuhinzugezogene das dem Stadtteil am See nicht mehr ansehen – geprägt wurde Heisingen nicht nur durch die Bauern, sondern vor allen Dingen durch die Zeche Carl Funke.

Davon kann Günter Ehrhardt, der einzige im Saal, der noch selbst auf Carl Funke eingefahren ist, anschaulich erzählen: Als 17-Jähriger absolvierte er 1952 die Bergbaulehre. Dafür kam er extra aus Niedersachsen in die Ruhrstadt, „bei uns gab es für junge Leute einfach keine Arbeit“. Im Pestalozzidorf wohnte der heute 83-Jährige während der Ausbildung und war von der Solidarität unter Tage fasziniert. Zwei Jahre lang hat er in Heisingen als Hauer gearbeitet, hat in 700 Meter Tiefe Anthrazitkohle abgebaut. „Da vorne wurde sie gewaschen“ sagt er und zeigt auf das Modell von Carl Funke, das im Paulushof steht.

Zechengebäude genauso schick wie die von Zollverein

Oft geht er dort nicht mehr vorbei, „ist ja leider außer dem alten Förderturm nichts mehr übrig geblieben“. Dabei waren die Zechengebäude mindestens genauso schick wie die von Zollverein. Später ist Ehrhardt Steiger geworden und hat in dieser Funktion bis kurz vor der endgültigen Schließung von Carl Funke gearbeitet. „Das waren zwar insgesamt nur 26 Jahre meines Berufslebens, doch sie haben mich entscheidend geprägt.“ Noch heute trifft er sich außerhalb des Heisinger Bergmanntages einmal im Jahr mit den Kumpels von der Zeche Carl Funke. Gerade mal 20 sind es noch. Die Zahl derer, die noch mit eigenen Händen das schwarze Gold gefördert haben, nimmt im Laufe der Jahre natürlich kontinuierlich ab.

Das war ganz anders, als der mittlerweile verstorbene evangelische Pfarrer Werner Hamacher 1985 den Tag des Bergmanns ins Leben rief. Hamacher, der die Pfarrei in Heisingen leitete, tat nicht nur das: Er gilt auch als Initiator und Mitbegründer des kleinen Heimat- und Bergbaumuseums. „Mein Mann hat als Seelsorger so viele ehemalige Bergleute betreut. Da kam ihm der Gedanke, diese Zeit und ihre Geschichten für die Nachwelt festzuhalten“, erzählt seine Witwe Marlies Hamacher, die selbstverständlich ein Ehrengast beim Tag des Bergmanns ist. Sie hofft, dass diese Tradition noch lange weitergeführt wird.

„Mein Vater war mehrfach verschüttet“

Der Festtag läuft immer gleich ab: Nach dem Gottesdienst mit Bergmannschor (immer dabei: der evangelische Männerchor 1882 aus Katernberg) gibt es einen launigen Vortrag, danach die obligatorische Erbsensuppe und zum Steigerlied das Schnäpschen.

Das gönnt sich auch Ernst Kraus. Der 68-jährige Heisinger hat zwar nie

selbst unter Tage geschuftet, doch sein Vater war über 25 Jahre „vor Kohle“, hat auf Carl Funke als Hauer gearbeitet. Das war vor allen Dingen eine gefährliche Arbeit, weiß sein Sohn. „Mein Vater war mehrfach verschüttet, da haben wir zu Hause zwei, drei Tage lang gezittert, gebetet und gebangt und auf ein Lebenszeichen gehofft“, erzählt er. Körperlich schwer war die Arbeit für den Vater, auch wenn die Solidarität unter den Kumpeln gut war. „Mein Vater hatte deswegen bis zu seinem Tod nichts für die Bergbauromantik übrig. Und er wollte auf keinen Fall, dass ich auch Bergmann werde. Er hat mir das quasi verboten.“ Ernst Kraus hielt sich daran – und wurde Maschinenschlosser bei einem anderen traditionsreichen Essener Unternehmen: bei Krupp.

>>ÖFFNUNGSZEITEN DES HEISINGER MUSEUMS

Das Bergbau- und Heimatmuseum im Paulushof, Stemmering 18, ist im Jahr 1984 entstanden. Das Museum sollte eine Erinnerung sein an die Zeche Carl Funke (1973 stillgelegt) und die Menschen, die dort gearbeitet haben.

Das Museum kann bei Anmeldung beim Pförtner des Altenzentrums täglich von 10 Uhr bis 18 Uhr besichtigt werden.

Info: www.museum-heisingen.de