Essen-Ostviertel. . Der Billardclub Essen-Ost blickt auf fast 40 Jahre Vereinsgeschichte, auf Erfolge und anstehende Pokalspiele – und wünscht sich mehr Mitstreiter.

Als sein Billardclub in Rellinghausen den Spielbetrieb im Vorjahr einstellte, dachte auch Heinz-Walter Strätling ans Aufhören. Immerhin hat der 64-Jährige bis dahin viele Jahre in der Bundesliga gespielt und so manchen Erfolg errungen. Dann aber merkte der Kupferdreher rasch, dass es ohne Billard und Queue in der Hand eben doch nicht geht. Er stellte sich im Oktober beim Billardclub Essen-Ost vor und trainiert nun für den Bundespokal der Senioren – seinen sportlichen Höhepunkt.

Für den Billardclub im Ostviertel ist der Neuzugang bereits jetzt ein Gewinn. Denn der Nachwuchsmangel bereitet auch ihnen wie vielen anderen Vereinen Sorgen. 27 Mitglieder hat der Club: allesamt männlich, sagt Peter Wieczorek (72), der selbst seit 30 Jahren dazu gehört und vor zwei Jahren den Vorsitz übernahm. Sein Schwiegervater hat ihn einst für den Sport begeistert, der ihn wegen der Mischung aus Taktik, Berechnung, Konzentration und Mathematik in seinen Bann gezogen hat.

Optimale Spielbedingungen in neuer Spielstätte

Trainieren für den Bundespokal: Für Heinz-Walter Strätling steht noch im Mai ein großer Wettkampf an.
Trainieren für den Bundespokal: Für Heinz-Walter Strätling steht noch im Mai ein großer Wettkampf an. © Stefan Arend

Inzwischen haben die Mitglieder in der Altentagesstätte der Gemeinde St. Gertrud ihre neue Heimat gefunden. Dort hätten sie optimale Spielbedingungen, auch wenn die Atmosphäre nun natürlich ganz anders sei: Von der Gründung 1978 bis 2009 war die Gaststätte Haus Schulte ihre Kampfstätte. Mit dem Kneipenstreben im Ostviertel wurden sie zur Wandergemeinschaft. Die Spiele am Wochenende führen sie inzwischen bis an den Niederrhein. Denn um den Spielbetrieb zu retten, habe der Essener Kreisverband mit dem aus Moers/Rees fusioniert, erklärt Wieczorek. Ihrer Begeisterung für den Sport hat all das keinen Abbruch getan: das Karambol-Spiel. Nicht zu verwechseln mit Poolbillard oder Snooker, denn sie versenken keine Kugeln. „Wenn unser Tisch Löcher hat, ist er kaputt“, scherzt er.

„Für Außenstehende sieht es einfacher aus als es ist“, beschreibt Detlev Huckel (55), der es mit Nervenstärke, Gefühl und Geduld zu einigen Meisterschaftserfolgen brachte. Sein Vater ist mit 91 Jahren das älteste (passive) Mitglied. Eine Jugendmannschaft gibt es nicht mehr, seitdem vor etwa fünf Jahren die letzten Jugendlichen Senioren geworden sind. „Die AG an der Gesamtschule Bockmühle hat nicht gefruchtet“, sagt Wieczorek, der sich nun vorstellen könnte, Neueinsteigern ein Kennenlern-Wochenende anzubieten.

„Früher war Billard ein Kneipensport“,

Nicht nur bei jungen Spielern, auch bei Frauen gibt es Nachholbedarf. „Es gibt in ganz Essen nicht viele Spielerinnen“, sagt Detlev Huckel, dessen verstorbene Frau durchaus mitspielte. „Früher war Billard ein Kneipensport“, nennt er einen Grund, warum es bis heute eher Männersache sei. Und bei denen steht oftmals der Fußball ganz oben. Heinz Runkel (67) etwa pflegte lange Zeit beide Hobbys, spielte Fußball beim ESV Grün- Weiß bis zur Landesliga. 1980 kam er als Fußballspieler in die Kneipe und entdeckte das Billardspiel für sich, war fasziniert von den Laufwegen der Kugel. Er blieb beim Billard, außer: „Die Nationalmannschaft steht auf dem Rasen.“ Ebenso große Konkurrenz sei der Essener Club: „Wenn Rot-Weiß spielt, bleibt es hier leer“, sagt der Vorsitzende schmunzelnd. Erschwerend komme hinzu, dass das Karambol-Spiel gänzlich aus dem Fernsehen verschwunden sei.

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Die Leidenschaft der Spieler aus der Oststadt besteht nach wie vor. Mit dieser würden sie gern weitere Mitstreiter anstecken. Was Anfänger als erstes lernen: den Queue halten. „Mit einer Mischung aus Talent und Ehrgeiz kann man es weit bringen“, sagt Wieczorek.

Fasziniert vom Spiel der unbegrenzten Möglichkeiten

So wie Heinz-Walter Strätling, der als Anfänger relativ schnell Ehrgeiz entwickelte, als sein Onkel ihn damals erstmals an den grünen Tisch mitnahm. Er spielte in Rellinghausen, in Velbert und im Horster Eck. Bis heute fasziniert ihn das Spiel mit den unbegrenzten Möglichkeiten, bei dem er mitunter blitzschnell aus der Hüfte zuschlägt, beschreiben seine Mitspieler. Nun so kurz vor seinem großem Wettkampf geht er bereits im Kopf Spiel für Spiel durch und weiß gleichzeitig, dass alles anders ist, wenn er erst wieder am Tisch steht. Beim Training immerhin sei er noch gelassen, „wenn ich aber das Trikot anziehe, will ich gewinnen“.

>>KONTAKT UND WEITERE INFORMATIONEN

Der Billardclub Essen-Ost hat seinen Sitz in der Altentagesstätte, Barbarakirchgang 9, im Ostviertel, wo die Mitglieder einen Raum von der Gemeinde St. Gertrud angemietet haben.

Interessierte sind dienstags ab 16 Uhr eingeladen, wenn die Spieler trainieren. Weitere Informationen und Kontakt zum BC Ost gibt es unter:
www.bc-essen-ost.jimdo.com

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