Essen. . In der aufgegebenen Marien-Kirche in Essen haben gute Geister einen Stützpunkt eingerichtet, um geflüchtete Menschen mit Bekleidung zu versorgen.

Wie wird aus einem stillgelegten Gotteshaus eine Kleider-Kirche? Diese Frage können rund 50 Ehrenamtliche des Runden Tisches für das Flüchtlingsdorf Pläßweidenweg in Essen beantworten. In Rekordzeit schufen sie mit mehr oder weniger leeren Händen eine Kleiderkammer in St. Marien an der Buschstraße – und die läuft so gut, dass man zumindest vorübergehend nur bedarfsorientierte Sachspenden annehmen kann.

„Am Anfang war das schon ein bisschen schwierig. Wir hatten ja nichts“, erzählt Marlies Britz und muss schmunzeln. Eine Kleiderausgabe für die rund 350 Flüchtlinge, das war die erste Aufgabe des frisch gegründeten Runden Tisches. Doch wie, ohne Verkaufsraum, ohne Lager, ohne Regale, Kleiderbügel und natürlich noch ohne Kleidung?

Kirche wurde 2008 aufgegeben

Da kam der Steelerin Britz ihr Netzwerk in der Nachbarschaft zu Gute. Als Vorsitzende der Caritasgruppe in ihrer Gemeinde St. Laurentius rannte sie buchstäblich offene Türen ein. Die Caritas stieg schnell ins Flüchtlingsthema ein, und die Gemeinde hatte da auch noch eine alte Immobilie in der Hinterhand: die 2008 aufgegebene Kirche St. Marien an der Buschstraße. Die wird zwar vom Bistum als Lagerhalle genutzt, allerdings für Weihnachtsmarkt-Accessoires und -ausrüstung. Und da ja Weihnachtsmarkt-Zeit ist, war genügend Platz vorhanden. Allerdings wird das ehemalige Gotteshaus nicht mehr geheizt, die Ehrenamtlichen müssen sich warmarbeiten.

Und dazu hatten sie bereits ausgiebig Gelegenheit. Schon der erste Spendenaufruf für Textilien und Schuhe brachte kaum zu bewältigende Mengen an vollen Säcken und Tüten. Und wer glaubt, dass das Auspacken, Ordnen und Auslegen die reine Freude bei solchen Spenden ist, der liegt völlig falsch. Ein gehöriger Teil ist üblicherweise nicht zu verwenden und wurde in diesem Fall an die Caritas weitergegeben. Zusätzlich organisierte man sich die nötigen Regale, Bügel und einiges mehr an Ausrüstung aus verschiedensten Quellen.

„Da fragt man zum Beispiel in Nachbarstädten an, wenn irgendwo ein Warenhaus geschlossen wurde“, erläutert Marlies Britz.

Flüchtlinge packten beim Aufbau an

In sechs Tagen stampften insgesamt 50 Helfer die Kleider-Kirche quasi aus dem Boden, jeder half, wo er konnte. Ein Elektriker etwa brachte die alte Beleuchtung wieder in Schuss. Auch vier Flüchtlinge aus dem Dorf selbst halfen tatkräftig mit, schleppten Kleidung durch die Gegend oder beschrifteten Hinweiszettel auf arabisch. „Was die Gruppe in so kurzer Zeit geleistet hat, war wirklich unglaublich. Wenn irgendwo das Chaos ausbrach, stand immer jemand parat und fragte, wo er helfen könne“, ist Marlies Britz immer noch begeistert von Gemeinschaftsgefühl und Geleistetem der vergangenen Wochen: „Wir waren so glücklich und erleichtert, als wir die erste Ausgabe geschafft hatten.“

Drei Ausgaben hat man mittlerweile an der Buschstraße hinter sich gebracht, zahlreiche Flüchtlinge sind bereits eingekleidet worden. Eine Schneiderin passt direkt in der Kleider-Kirche zu große Stücke an.

Um Chaos zu vermeiden, lassen die Ehrenamtlichen immer nur vier Gruppen à 15 Flüchtlinge in 45 Minuten ein, die von insgesamt 15 Helfern herumgeführt werden. Bislang gaben sie die Stücke noch gratis heraus. Um sich vor Missbrauch zu schützen, will man aber auch hier – wie in anderen Kleiderkammern – bald kleine Geldbeträge nehmen. Die Einnahmen fließen dann wiederum den Flüchtlingen zu.

Sachspenden allerdings nehmen die Ehrenamtlichen bis auf Weiteres nur noch gezielt entgegen, sonst reichen Platz und Manpower nicht aus. Kleinere Konfektions-Größen sind gefragt, natürlich Winterjacken und mehr.

Kinder-Spielecke im Zeltdorf

Ansonsten ist die Kleider-Kirche aber schon sehr gut ausgestattet, sie mutet an wie ein Second-Hand-Shop. Wie lange man sich dort ausbreiten kann, wissen die Ehrenamtlichen allerdings noch nicht. Irgendwann sind auch die Weihnachtsmärkte beendet und dem Bistum fehlt dann die Lagerhalle.

Mit Sachspenden wie Puzzles, Bauklötzen oder Puppenwagen haben die Ehrenamtlichen bereits eine Kinder-Spielecke im Dorf am Pläßweidenweg eingerichtet. Gebraucht werden auch Kinderwagen, die reichen die Helfer sofort weiter.

Informationen zur Flüchtlingshilfe in Steele/Horst bekommt man im Internet unter www.facebook.com/rundertischessensteele. Kontakt mit dem Runden Tisch bekommt man aber auch per E-mail an folgende Adresse: fluechtlingshilfe-steele@gmx.de