Essen-Westviertel. Heidelinde Böhme lebt seit fünf Wochen im Westviertel. Dort genießt sie den Ausblick und den Komfort einer barrierearmen Wohnung.

Dass Heidelinde Böhme jemals im Westviertel leben würde, hätte sie sich vor einem Jahr noch nicht vorstellen können. Jetzt steht sie auf ihrem Balkon in der fünften Etage, streckt die Arme aus und sagt: „Ist doch schön und spannend hier.“

Wohnen in unmittelbarer Nähe zur Innenstadt – das ist für viele Essener unvorstellbar. „Nachtjackengegend“ so titulierte man früher alle Viertel rund um die City. „Auch ich hatte meine Ängste und Vorurteile“, sagt Heidelinde Böhme, „aber ich bin dabei, sie abzubauen. Und fühle mich schon sehr wohl hier.“ Im vergangenen Dezember erst ist die 73-Jährige aus Holsterhausen weggezogen, lebt jetzt in einer barrierearmen Wohnanlage hinter den Weststadttürmen: 52 Quadratmeter, zwei Zimmer, Aufzug und vor allen Dingen bezahlbar, so die Rentnerin.

Dank des Nachbarschaftstreffens im Nordviertel wurde ihr die Wohnung vermittelt

Recht schnell musste die agile Seniorin ihre alte Wohnung unweit der Gemarkenstraße verlassen. „Ich bin letzten Februar gestürzt und brauche seitdem einen Rollator. Den durfte ich in meiner alten Wohnung nicht an geeigneter Stelle abstellen. Also blieb mir nichts anderes übrig, als umzuziehen. Denn ich will ja nicht in meiner Wohnung sitzenbleiben.“

Die seniorengerechten Wohnungen im Westviertel: Hier leben über 100 Mieter. Demnächst wird gegenüber noch ein Wohnblock mit 400 Wohnungen entstehen.
Die seniorengerechten Wohnungen im Westviertel: Hier leben über 100 Mieter. Demnächst wird gegenüber noch ein Wohnblock mit 400 Wohnungen entstehen. © FUNKE Foto Services | Linda Sonnenberg

Wie gut, dass die Essenerin viele soziale Kontakte hat und regelmäßig bei den Nachbarschaftstreffen im Nordviertel dabei ist. Initiiert von Wolfgang Nötzold gibt es diese Kennenlerntreffen regelmäßig bereits seit 2013. Entstanden aus dem Lokalfieber-Projekt kommen hier alle zwei Monate Anwohner, Vereine und auch Geschäftsleute aus dem Nord- und Westviertel und der nördlichen Innenstadt zusammen, bei dem jedes Mal eine andere Institution als Gastgeber fungiert.https://www.waz.de/staedte/essen/urteil-entlastet-sparkasse-essen-vom-betrugsvorwurf-id212434441.html

Aktives Leben in der Stadt

„Ich hatte mich damals im Alt-A engagiert, einem Zentrum für aktive Senioren, das in der Innenstadt in einem Café angesiedelt war und vom Unperfekthaus initiiert wurde“, erzählt Heidelinde Böhme, die schon immer ein aktives Leben in der Stadt führte. So entstand der Kontakt zum Nordviertel – und den Treffen.

„Als ich von meinem Problem erzählte, hat das Ehepaar Szymkowiak, das so lange bei den Treffen dabei ist wie ich, sofort reagiert und mir die Wohnung vermittelt. Die wohnen auch dort.“ Ein paar Wochen später schaut sie über die Dächer auf die Skyline der Stadt.

Es fehlen die Geschäfte um die Ecke

„Bald werde ich ja hier eine Baustelle vor der Nase haben“, sagt sie und zeigt auf die große Fläche vor ihrem Haus, auf der 400 Wohnungen gebaut werden sollen, „da wird es dann viel zu schauen geben“. Vom Balkon aus hat Heidelinde Böhme auch einen guten Blick auf die seit zehn Jahren leerstehende Seniorenresidenz. „Sehen Sie mal. Dort sind noch Möbel drin“, sagt sie, „das ist schon ein bisschen unheimlich“.

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Anschluss im neuen Haus zu finden, wird ihr nicht schwerfallen. Regelmäßig werden in dem seniorengerechten Wohnblock gemeinsame Nachmittage oder Frühstückstreffen angeboten. Was ihr tatsächlich fehlt, ist die Urbanität der Gemarkenstraße. Ein paar Schritte laufen und schon im Geschäft stehen, das ist hier leider nicht möglich. Noch nicht. „Wenn hier noch einmal 400 Wohnungen gebaut werden, dann wird es wohl auch endlich einen Grundversorger direkt vor der Haustüre geben. Darauf hoffe ich.“

Nachbarschaftstreffen finden alle zwei Monate statt

Der Verein Lokalfieber organisiert die Nachbarschaftstreffen als Vernetzungs- und Kontakttreffen für die nördliche Innenstadt und die umliegenden Quartiere.

Eingeladen sind alle, die hier wohnen und/oder arbeiten, eine Geschäft oder ein Restaurant betreiben, mit einem Verein ansässig sind, ein Atelier oder eine Galerie besitzen sowie alle Immobilienbesitzer, Akteure aus Politik,Verwaltung, Kultur, Sozialem, Kirchen usw.

Die Treffen finden alle zwei Monate am ersten Montag im Monat von 18 bis 20 Uhr statt und bieten jedes Mal 50-80 Menschen Gelegenheit zum Kennenlernen und Informationen austauschen, zum Kontakte knüpfen und Projekte planen.

Mehr Infos: http://56971195.swh.strato-hosting.eu/wordpress/