Essen. . Jahrelang stand die Sparkasse Essen unter Verdacht, beim Verkauf einer Schrottimmobilie betrogen zu haben. Das Landgericht entlastet die Bank.
- Käufer wirft Sparkasse Betrug beim Verkauf der Seniorenresidenz in der Weststadt vor
- Sie soll ihm „arglistig“ den löchrigen Beton im Inneren des Hauses vorgeworfen haben
- Landgericht Essen weist seine Klage über 40 Millionen Euro Schadenersatz zurück
Jahrelang sah sich die Sparkasse Essen dem Vorwurf ausgesetzt, eine 2003 in der Weststadt errichtete Seniorenresidenz in betrügerischer Absicht an einen Kölner Investor verkauft zu haben. Sie habe nämlich „aufgrund arglistiger Täuschung“ Baumängel verschwiegen, behauptet der Käufer. Das stimmt wohl nicht. Denn nach ersten Etappensiegen der Sparkasse hat nun auch das Essener Landgericht in einem Zivilprozess festgestellt, dass dem Geldinstitut kein Verschulden anzulasten sei. Gefällt wurde das Urteil der 11. Zivilkammer, das erst jetzt veröffentlicht wurde, bereits am 28. Juni (Az: 11 O 21/11).
Am Zustand der Immobilie an der Helmut-Käutner-Straße hinter den Cinemaxx-Türmen ändert die Entscheidung vorerst nichts. Nach außen wirkt der Bau solide. Aber Betonmängel im Inneren sorgen dafür, dass die Stadt die Nutzung des Hauses für Menschen untersagt. So verbreiten die Räume der nur wenige Jahre genutzten „SenVital Seniorenresidenz“ mit ihren 160 Pflegeplätzen ebenso Tristesse wie die leeren Ladenlokale im Erdgeschoss. Städtebaulich ein Schandfleck im schmucken Weststadt-Quartier.
Geschichte der Ruine reicht 20 Jahre zurück
Die Geschichte der Ruine reicht 20 Jahre zurück. Damals verpflichtete sich die Gesellschaft, die das Grundstück erwarb, zum Bau einer Seniorenresidenz. Finanziert von der Sparkasse Essen, die Grundschulden in Höhe von 20 Millionen Euro eintragen ließ, begann der Bauherr 2002 mit dem Bau. Ein Jahr später meldete er Insolvenz an.
Da stand die Sparkasse mit ihrem nicht erfüllten Kredit. Als dann der Kölner Immobilienfonds „E & P“ mit seinem Chef Dirk Iserlohe („Dorint-Hotels“) Interesse zeigte, stimmte das Geldinstitut schnell zu. Es finanzierte auch diesen Kauf, diesmal mit rund 14 Millionen Euro. 2005 zogen die Senioren ein.
Käufer wirft Sparkasse Betrug vor
Der neue Besitzer entdeckte zwei Jahre später Baumängel. Laut Gutachten war der Beton in tragenden Teilen nicht ausreichend verfüllt worden, es gab Probleme mit der Statik. 2009 sprach die Stadt Essen ein Nutzungsverbot aus. Schon vorher hatte der Immobilienbesitzer der Sparkasse Betrug vorgeworfen. Sinngemäß hieß es, sie habe ihn übers Ohr gehauen, weil sie die marode Seniorenresidenz loswerden wolle. Denn hätte sie die Wahrheit über den ihr angeblich bekannten Bauzustand mitgeteilt, wäre sie auf dem Kredit sitzen geblieben.
Die Staatsanwaltschaft begann Ermittlungen gegen Mitarbeiter der Sparkasse. Einige Verfahren wurden gegen Geldzahlungen eingestellt. Die Sparkasse sah das nicht als Schuldeingeständnis. Es gehe nur darum, ein langwieriges Strafverfahren zu verhindern. Angeklagt wurde schließlich ein Duisburger Bauleiter. Ein halbes Jahr verhandelte das Landgericht Essen im Jahre 2013, dann wurde er auch auf Antrag der Staatsanwaltschaft freigesprochen. Die Indizien reichten nicht aus, dem Angeklagten oder der Sparkasse Betrug vorzuwerfen.
Den Käufer des Altenheims, Dirk Iserlohe, hielt das Urteil nicht ab, eine Zivilklage gegen die Sparkasse durchzuziehen. Rund 40 Millionen Euro Schadenersatz verlangt er.
Keine arglistige Täuschung
Doch dafür sieht jetzt das Landgericht Essen keine Grundlage. Auf 59 Seiten listet es auf, wie der Verkauf ablief und ab wann die Löcher im Beton bekannt waren. Ein schuldhaftes Verhalten der Sparkasse, gar eine „arglistige Täuschung“ des Käufers, sei nicht festzustellen.
Im Urteil betont das Gericht, dass es gerade im „wirtschaftlichen Interesse“ der Sparkasse lag, dass der Immobilienfonds mit seinem Projekt Erfolg haben werde. Schließlich hatte sie den Kauf selbst finanziert. Wörtlich: „Am Scheitern des Vorhabens konnte die Beklagte (Sparkasse) kein Interesse haben.“
Weil die Sparkasse in dem Verfahren Widerklage erhoben hatte, muss der Kläger seinen Kredit zurückzahlen: 14 148 781,33 Euro nebst Zinsen ab 2009, außerdem trägt er die Kosten des Rechtsstreits. Rechtskräftig ist das Urteil nicht, der Kölner Kläger hat Berufung eingelegt.