Essen-Karnap. Das Stadion-Mathias-Stinnes gehörte mit 30.000 Plätzen zu den größten Fußballstätten in der Region. 2012 geschlossen, ist es jetzt eine Ruine

Einst gehörte es zu den modernsten Sporttempeln im Ruhrgebiet: Das 1925 erbaute Mathias-Stinnes-Stadion in Karnap, vor der Kulisse des Müllheizkraftwerkes, hat viele gute Jahre erlebt. Doch das ist längst Vergangenheit. Mittlerweile verfällt die alte Sportstätte, die früher einmal 30.000 Plätze bot, immer mehr.

„Oh Gott, sieht das schlimm aus!“ Lore Barnhusen kommen fast die Tränen, als sie am Tor des Mathias-Stinnes-Stadions steht und den verwahrlosten Zustand der Sportstätte in Augenschein nimmt. Die Zuschauertribünen, die noch stehengeblieben sind, sind von Unkraut überwuchert, statt Rasen ist der Platz asphaltiert, die Umkleidekabinen sind verschwunden ebenso Teile der Haupttribüne und das Erfrischungsbüdchen.

Ein trauriger Anblick: Das Matthias-Stinnes-Stadion ähnelt einer Ruine. Der Rasen ist weg, die Tribünen und die Umkleiden ebenfalls.
Ein trauriger Anblick: Das Matthias-Stinnes-Stadion ähnelt einer Ruine. Der Rasen ist weg, die Tribünen und die Umkleiden ebenfalls. © FUNKE Foto Service | Kerstin Kokoska

Die Zeche Mathias Stinnes kaufte das Stadion 1950 und baute es aus

„Das war mal ein richtig schönes Fußballstadion“, erinnert sich die 80-Jährige, die hier ihren größten Triumph gefeiert hat: Vor 64 Jahren fand im Karnaper Stadion das erste Frauenländerspiel der deutschen Nationalelf statt – und Lore Barnhusen war als jüngste Nationalspielerin dabei. 18.000 Zuschauer erlebten damals den 2:1 Sieg der deutschen Damen gegen die Niederländerinnen, „das war eine Kulisse, die mir den Atem raubte und mich schier überwältigte“.

Auch interessant

Das Frauennationalspiel war sicherlich der Höhepunkt in der langen Geschichte des Mathias-Stinnes-Stadions. 1925 erbaut, wurde die Sportstätte 1950 vom Bergwerk Mathias Stinnes gekauft und in ein repräsentatives Stadion mit Rasenplatz und Aschenbahn umgebaut. Dazu Tribünen und Stehplätze, ein schickes Sportheim, über das später noch ein feines Casino für die wichtigen Zechenbosse gesetzt wurde.

Auch das schicke Casino wurde 2011 abgerissen

„Das war ein richtig tolles Haus mit feinem Interieur“, erinnert sich Bettina von der Höh vom Carnaper Geschichtskreis. Der hatte sich vergeblich dafür eingesetzt, dass das Casino vor dem Verfall gerettet und unter Denkmalschutz gestellt wird. „Kaum hatten wir den Wunsch geäußert, wurde es schon abgerissen“, empört sich die Karnaperin noch heute, „damals hieß es, es sei einsturzgefährdet. Das haben wir aber nicht so erlebt, als wir das Haus kurz vor dem Abriss noch einmal besichtigen durften.“

So gepflegt sah das Mathias-Stinnes-Stadion in Essen-Karnap kurz vor der Schließung im Sommer 2012 aus.
So gepflegt sah das Mathias-Stinnes-Stadion in Essen-Karnap kurz vor der Schließung im Sommer 2012 aus. © WAZ FotoPool | VON BORN, Ulrich

Das war 2011, ein Jahr bevor das Stadion seine Tore für immer schloss. Lange kickte hier der TSG Karnap 07, in der Saison 1956/57 immerhin eines der Gründungsmitglieder der Verbandsliga Niederrhein. „Zu den Spielen kamen manchmal 8000 Zuschauer“, erinnert sich Reinhold Adam vom Geschichtskreis. Jugendsportfeste, Polizeisportfeste aber auch Schulsport – alles fand an der Arenbergstraße statt.

2012 wurde der Spielbetrieb eingestellt

Als 1972 die Zeche Mathias Stinnes schloss, erhielten die Karnaper Fußballer zwei Jahre später einen neuen Platz an der Lohwiese. „Heute kann ich das nicht mehr nachvollziehen, warum das gemacht wurde, obwohl wir so ein schönes Stadion bereits hatten“, sagt Bettina von der Höh.

Auch danach wurde das Mathias-Stinnes-Stadion, das die Stadt nach der Zechenschließung pachtete, weiter genutzt. Und selbst nach 2012, als der Pachtvertrag auslief und kein Spielbetrieb mehr stattfand, pflegte der neue Grundstückseigentümer, das Energieversorgungsunternehmen RWE, den Platz. „Bei meinem letzten Besuch hat noch der Platzwart den Rasen gemäht“, sagt Lore Barnhusen.

Auch interessant

48500822-750--198x148.jpg
Von Hans-Karl Reintjens

Doch als 2015 hier ein Zeltdorf für 700 Personen erbaut wurde, verschwand der Rasen unter einer Asphaltdecke, wurde ein großer Teil der Tribüne abgerissen. Was nun im Schatten der Kraftwerkschornsteine geschehen soll, ist ungewiss. „Wir hoffen, dass wenigsten die restliche Tribüne mit dem letzten verbliebenen einzigartigen Tonnenbogen erhalten bleibt“, wünscht sich Bettina von der Höh. Optimistisch klingt sie dabei nicht.