Altenessen. Es wird noch Zeit vergehen, bis die Baupläne fürs Kutel-Gelände umgesetzt sein werden. Es gibt Altenessener, die wünschen, es würde nie so.
Das Kutel-Gelände am Palmbuschweg soll bekanntlich bebaut werden. Investor Durmaz, dem das Areal schon länger gehört, will dort Wohn- und Gewerbebauten errichten. Die Nachricht, dass sich auf dem seit Jahren brach liegenden Gelände etwas tun soll, trifft in Altenessen auf allgemeine Zustimmung. Das, was sich tun könnte, ruft keine Begeisterung hervor. Die Reaktion reicht von Skepsis bis strikte Ablehnung. Was aus Sicht der Planer als Chance erscheint, wirkt auf viele Menschen offenbar wie ein Schreckgespenst.
Drei Planvarianten für das knapp drei Hektar große Areal
Das zeigte sich am Mittwochabend im Paul-Humburg-Gemeindhaus bei der „frühzeitigen Öffentlichkeitsbeteiligung“. Gut 30 Frauen und Männer, darunter einige Lokalpolitiker, waren gekommen, um beteiligten Planern Fragen zu stellen und ihnen ihre Bedenken und Anregungen mit auf den Weg zu geben. „Mit der heutigen Bürgerbeteiligung stehen wir erst am Anfang des Prozesses“, begrüßte Andreas Müller, Leiter der städtischen Bauleitplanung und Moderator, die Anwesenden. Anschließend skizzierte Sabrina Thiele (Büro Rheinruhr Stadtplaner) die drei Planvarianten für das knapp 30.000 Quadratmeter große Gelände.
„16-geschossig“ war das Reizwort
Auch, wenn Sabrina Thiele stets betonte, dass nur am Bahndamm, fern des Palmbuschwegs, zehn und mehr Geschosse geplant würden, wurde schnell deutlich, dass „16-geschossig“ zu dem Reizwort des Abends werden sollte. Dass mit solchen Häusern ein Gewicht im positiven gesetzt werden könne, wie Friedhelm Stärk (Leiter der Bauleitplanung Mitte/Nord bei der Stadt) es bezeichnete, konnte die anwesenden Altenessener nicht umstimmen. „Im gesamten Stadtteil gebe es keine Häuser dieser Höhe. Warum soll das jetzt ausgerechnet an einer so zentralen Stelle passieren“, fragte eine Altenessenerin. Peter Wülfing, Vorsitzender der IG Altenessen, sprach von einem „Wohn-Silo allererster Ordnung“.
Offenes Quartier benötigt mehr Fläche
Architekt Benjamin Siebers (Büro Gerbers) begründete die geplante Bauweise so: „Es soll ein offenes Quartier mit etwa 30 Prozent Wohnungen und 70 Prozent Gewerbe werden, worunter auch Hotels, Restaurants, Kitas und Altenheime fallen würden.“ Ein offenes Quartier brauche Platz für Grünflächen und Orte der Begegnung. Da die Fläche begrenzt sei, müsse man in die Höhe ausweichen. Vermutungen, der Investor wolle das Grundstück weiterveräußern, widersprach Benjamin Siebers. „Er will die Fläche entwickeln.“ Friedel Frentrop vom Essener Bürgerbündnis (EBE) erinnerte an das einstimmige Votum der Bezirksvertretung V. „Wir haben gesagt, wir wollen nicht, dass so hoch gebaut wird, auch auf die Gefahr hin, dass der Investor abspringt.“
Altenessener befürchten mehr Konfliktpotenzial
Die geplanten Häuser sind den Altenessenern zu hoch. Zudem fürchten sie durch die Zahl der Menschen, die dort wohnen werden, weiteres Konfliktpotenzial. Eine konkrete Zahl gibt es zum jetzigen Zeitpunkt nicht, wohl aber, dass zwischen 200 bis 250 Wohneinheiten entstehen werden. „Warum verdichtet man das noch, wo jetzt schon hier soviel los ist?“, fragte der frühere Pfarrer Achim Gerhard-Kemper, der sich sehr um Geflüchtete kümmert und „gute Erfahrungen mit Zugewanderten gemacht hat“. Eine Anwohnerin der Kinßfeldtstraße, die betonte, nicht fremdenfeindlich zu sein, fürchtet um die Sicherheit. Wenn so viel Menschen dorthin ziehen werden, „können sie die Polizeiwache gleich mit ausbauen“. Schon heute habe sie Angst, durch den Kaiser-Wilhelm-Park zu gehen. „Stadtentwicklung bedeutet nicht nur Bauen, sondern auch Soziales“, betonte Peter Wülfing.
Ein Teilnehmer wollte wissen, ob der Bau einer Moschee auf dem Gelände erlaubt sei. „Grundsätzlich ist der Bau in Wohngebieten erst einmal möglich, er kann aber planungsrechtlich ausgeschlossen werden“, antwortete Friedhelm Stärk.
Andreas Müller fasste die gut zwei Stunden so zusammen: „Eine Entwicklung der Fläche wird positiv gesehen, aber nicht in dieser Verdichtung. Die verkehrliche Erschließung wird problematisch gesehen. So viele Menschen in einem ohnehin stark belastetem Umfeld bereiten Unbehagen.“ Diese Ergebnisse würde er mitnehmen und bei der weiteren Planung vortragen.
Benjamin Siebers bedauerte, dass dem Vorhaben soviel Negatives entgegengebracht werde, anstatt die Chancen für den Stadtteil zu sehen. Die Altenessener, die am Mittwochabend dabei waren, sind noch nicht mit im Boot.