Essen-Altenessen-Süd. . Die Stadt möchte die Häuserzeile an der Gladbecker Straße am liebsten abreißen. Doch die Eigentümer wehren sich dagegen – und investieren
Dieses Gerüst vor dem Haus Gladbecker Straße 243 ist wie ein Ausrufezeichen: Wir verkaufen nicht an die Stadt! Wir bleiben! Oder um es mit den Worten der Hauseigentümerin zu sagen: „Ich werde das Grundstück mit Händen und Füßen verteidigen!“
Die 53-Jährige möchte nicht mit Namen genannt werden, um nicht in Schwierigkeiten zu kommen. Sogar ihre Bausparkasse mache ihr Sorgen, wenn diese erfahren würde, dass die Stadt die westliche – nicht nach hinten versetzte – Häuserzeile zwischen Pörtgenweg und Bäuminghausstraße aufkaufen möchte, um sie dann abzureißen.
Familienbesitz soll erhalten, aber nicht abgerissen werden
Diese Möglichkeit sieht bekanntlich der Rahmenplan Gladbecker Straße vor, der seit Monaten in Altenessen-Süd diskutiert wird und dort weiterhin für Unruhe sorgt. Im April hatte die Stadt die Hauseigentümer über ihre Absichten informiert. „Ich wache deshalb nachts oft auf“, gesteht die Altenessenerin, deren Haus seit 25 Jahren in Familienbesitz ist. „Nun mache ich mir mit dem Dachdecken und der Fassadengestaltung selbst Mut.“
So wir ihr gehe es auch anderen Nachbarn, sagt Reinhard Schmidt. Er hat das Nebenhaus geerbt und trägt den gleichen Kampf mit der Stadt aus. Bereits im vergangenen Herbst hatte er sich auf den öffentlichen Informationsveranstaltungen kritisch zum Rahmenplan geäußert und seine Knackpunkte im Juni auch schriftlich dem Oberbürgermeister übermittelt.
Anwohner: Abrisspläne ziehen Spekulanten an
Reinhard Schmidt macht der Stadt den Vorwurf, nicht früher mit ihnen über ihre Absichten gesprochen zu haben. „Denn so zieht man Spekulanten an und die Preise gehen hoch.“ Wie das in der Praxis aussieht, konnten sie in der Nachbarschaft erleben. Dort stand vor kurzem ein Haus zur Zwangsversteigerung an. Die Stadt habe mitgeboten, musste aber bei 70 000 Euro aussteigen. „Denn ein türkischer Mitbürger aus Hamburg hat es ersteigert, ohne es gesehen zu haben“, berichtet die Nachbarin.
Sie und auch Reinhard Schmid unterstellt der Stadt und ihrem beauftragten Planungsbüro, die Gegend gar nicht genau zu kennen. So sei die Kita der evangelischen Kirchengemeinde im Plan ebenso falsch eingezeichnet wie die Kita „Leuchtturm“, an deren Stelle noch eine Baulücke ausgewiesen sei.
Stadtplaner sieht „unfassbare Fehler“ im Rahmenplan
Außerdem werde der Siedlung Pörtgenweg ein Substanzcheck empfohlen, obgleich der Allbau sie vor wenigen Jahren übernommen und modernisiert habe. „Das sieht aus, als sei der Plan am Schreibtisch mit Street-View gemacht worden“, sagt Reinhard Schmidt und spricht von „unfassbaren Fehlern“.
Ähnlich sieht es seine Nachbarin: „Wir wurden gefragt, ob wir unser Haus zurückversetzt neu bauen wollen. Die kennen die Fläche anscheinend nicht, wir haben mit der Autowerkstatt Kemper und der Suchthilfe doch Gewerbe hinterm Haus.“
Kein Geld aus Fassadenprogramm
Die Hausbesitzerin schlägt stattdessen vor, eher Häuser auf der anderen Straßenseite abzureißen, „wo die Mieter alle 14 Tage wechseln“ und Unmengen an Unrat hinterließen. „Aber unsereiner strampelt sich seit Jahren ab . . .“
Vergeblich habe sie auf die Unterstützung durch die Stadt bei der Modernisierung der Fassade gewartet. Doch die sei bis heute nicht bewilligt, obwohl Geld vorhanden sei: „Das dauert uns alles zu lange, deshalb machen wir das jetzt in einem Rutsch fertig.“