Essen-Altenessen. . Keine einhundert Meter von der Gladbecker Straße entfernt liegt das Paul-Humburg-Haus der evangelischen Gemeinde – ein Anker für Altenessen.

Dieser Blick blieb an der Gladbecker Straße lange nur ein Traum: „Von uns aus sieht man heute ein Windrad, da hat man früher nur Zechen gesehen. Das ist ein Zeichen von Veränderung“, schwärmt Maren Berg. Die 46-Jährige muss es wissen, denn sie ist hier im Viertel aufgewachsen und leitet heute das Café „Treff“ der evangelischen Kirchengemeinde Altenessen-Karnap-Vogelheim.

„Das war ziemlich dörflich hier“

Geboren ist Maren Berg im Karree Hövelstraße, Gladbecker Straße und Kämmereihude. „Im Block, so nannte man das Viertel und nennt es wohl auch heute noch so“, beschreibt sie die Gegend. Weggezogen ist sie nie, denn dafür hat sie sich hier immer viel zu wohl gefühlt. Auch wegen der vielen kleinen Geschäfte. „In meiner Kindheit hat meine Mutter noch Milch in der Flasche gekauft. Und ich erinnere mich daran, dass man sich gekannt hat und wusste, wer gestorben ist und geboren wurde.“ Und dann fügt Maren Berg einen Satz hinzu, den Außenstehende vielleicht seltsam finden: „Das war ziemlich dörflich hier.“

Gemeinde baute das Haus 1952 wieder aufgebaut

Eine kleine Welt ist auch das Paul-Humburg-Haus, das nach einen reformierten Theologen (1878-1945) benannt ist. Hier an der Hövelstraße, nur wenige Meter von der Gladbecker Straße entfernt, hat die evangelische Kirchengemeinde seit 1902 einen ihrer Standorte. „Der Innenraum ist wie eine kleine Oase“, beschreibt Pfarrer Dirk Matuschek das Gefühl. Der 36-Jährige ist erst vor drei Jahren von Köln nach Altenessen gekommen, fühlt sich aber schon richtig heimisch – abgesehen von der Karnevalszeit. Nach der Zerstörung im Krieg baute die Gemeinde ihr Paul-Humburg-Haus 1952 wieder auf, um es dann ab 1998 zur heutigen multifunktionalen Kirche neu zu errichten.

„Die Gemeinde ist immer politisch gewesen“

Und wie fühlt sich eine evangelische, christliche Gemeinde im ständig wechselnden Umfeld? Wie erlebt sie den Zuzug von Menschen aus arabischen Ländern? Da hat Pfarrer Axel Rademacher (64) eine klare Antwort: „Ich habe mich hier immer wohl gefühlt, weil die Menschen das Herz am rechten Fleck haben.“ Und die Gemeinde sei immer politisch gewesen.

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„Bis vor zwei Jahren haben hier regelmäßig mittwochs Friedensgebete stattgefunden, weil uns der Frieden hier im Stadtteil und in der Welt immer sehr wichtig war. Da gab es auch große Veranstaltungen, da waren Muslime dabei und Buddhisten. Das ist im Laufe der Zeit schwächer geworden, wie vieles andere auch. Das hängt mit der Fluktuation der Bevölkerung hier zusammen.“ Der Kontakt zu Moslems sei eng. „Wir sind mit allen Moscheegemeinden in guter Beziehung. Im September 2016 hatten wir im Wolff-Gemeindehaus ein Treffen mit den Vorständen der religiösen Gemeinschaften, da sind wir mit verbandelt.“

Der Innenhof des Paul-Humburg-Hauses an der Hövelstraße.
Der Innenhof des Paul-Humburg-Hauses an der Hövelstraße. © Stefan Arend

Frauencafé ist ein Dauerbrenner

„Wir versuchen, uns mit zu verändern“, ergänzt Dirk Matuschek. Als Beispiel dient ihm die evangelische Jugend, in deren Vorstand ein Muslim gewählt wurde. „Das Gemeindehaus am Puls der Zeit, das ist keine Floskel. Wir haben das Frauencafé mit 40 bis 50 Frauen, das von Michaela Langheim geleitet wird. Mit ,Spur 8’ haben wir jetzt eine Glaubensreihe in einem neuen Format, wo sonntags weit über 30 Menschen zusammenkommen.“ Auch eine Schachgruppe, ein Zumba-Kurs und afrikanische Gemeinden bringen Leben ins Paul-Humburg-Haus. Wichtig sei die A52-Gruppe, die sich für die Gladbecker- und Altenessener Straße einsetze, sagt Dirk Matuschek: „Mit der Mobilitätswerkstatt versuchen wir, diesen Stadtteil politisch mitzuprägen. Wir sind auch in die Altenessen-Konferenz eingebunden, die von Gemeindemitgliedern mit vorbereitet wird.“

Ressourcen werden unterschätzt

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Gerade weil sich die Gemeinde an der Gladbecker Straße engagiert, formuliert sie auch Wünsche an die Stadt. Axel Rademacher: „Ich vermisse von der Stadt und Politik ein eindeutiges Ja zu diesem Stadtteil.“ Schlechte U-Bahn-Verbindungen am Abend, kaputte Rolltreppen, Müll – da hat er einiges aufzuzählen. „Altenessen fällt manchmal hinten runter, auch durch die Unachtsamkeit der Verantwortlichen. Die Stadt unterschätzt die Ressourcen dieses Stadtteils.“ Für die Menschen sei Altenessen keine No-Go-Area. Die Ressourcen hätten sich auch am Runden Tisch gezeigt, der schnell ein Wir-Gefühl vermittelt habe. Stolz sind sie alle auf ihren Stadtteil. Maren Berg: „Wir finden, Altenessen ist eine Go-Area zum Mitmachen. Gerade auch wegen der Gladbecker Straße.“