Katernberg. . Zum Jahreswechsel hört Lothar Jorczik als Organist des so genannten Bergmannsdoms in Katernberg auf. Das Orgel-Projekt wird er weiter leiten.

Wenn an Silvester um Mitternacht die Glocken der evangelischen Kirche am Katernberger Markt, dem so genannten Bergmannsdom, das neue Jahr begrüßen werden, endet nach 46 Jahren der Vertrag des Gemeinde-Organisten Lothar Jorczik. Als 16-Jähriger fing er im Stadtteil an der Kirche im Neuhof an. Nach deren Abriss wechselte er ganz an den Katernberger Markt, nachdem er zuvor eine Zeit lang in beiden Gotteshäusern an der Orgel gesessen hatte.

„Ich setze mich ja nicht ganz zur Ruhe“, sagt der 62-Jährige, lächelt und lässt seinen Blick über die Kirchenbänke unter ihm schweifen. „Die Organistentätigkeit war doch nebenberuflich“, erzählt der studierte Musiklehrer und freischaffende Künstler, der auf Essens größtem Friedhof, dem Parkfriedhof, auch weiterhin als Organist bei Beerdigungen tätig sein wird. Der 62-Jährige hat gekündigt. Die nebenberufliche Tätigkeit wurde ihm aus gesundheitlichen Gründen zu viel. Das Orgelprojekt im so genannten Bergmannsdom, das er im Jahre 2007 übernahm, wird er weiterführen. „Wenn mein Nachfolger ein hauptamtlicher Organist geworden wäre, hätte ich es vermutlich in seine Hände legen müssen“, sagt Jorczik. So ist es aber nicht gekommen. Und so wird sich Jorczik weiterhin um die seltene Sauer-Orgel (Opus 846) kümmern, die in den letzten zehn Jahren für ihn zu einer lieb gewonnenen Weggefährtin geworden ist.

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Die Geschichte der Orgel (Baujahr 1901; Kaufpreis: 10 500 Mark) mit ihrer imposanten Vorderfront ist durchaus wechselhaft. Im Ersten Weltkrieg wurden die Prospekt-Pfeifen aus Zinn – so nennt der Fachmann die Pfeifen, die man sieht – abgebaut. Die 343 Kilogramm Metall wurden zu Kriegszwecken eingeschmolzen. Die Prospekt-Pfeifen wurden durch welche aus preiswerterem Zink ersetzt. Die nächste gravierende Veränderung (1938) war dem Zeitgeist geschuldet. „Durch Abbau, Umbau und Umstellung wurde der Klang aufgehellt. Man wollte weg von einem zu romantischen zu einem mehr barocken Klang“, erzählt Jorczik. Eine grundlegende Erweiterung erfuhr die Orgel, von der aus dem Innern der Kirche nur ein Teil zu sehen ist, im Jahre 1965. Das Pfeifenmaterial blieb weitgehend verschont, dafür gab es zum Beispiel einen neuen Spieltisch. So nennen Organisten ihren Arbeitsplatz mit den Tastenreihen, Register-Schaltern und Pedalen.

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Die ersten drei Änderungen kennt Lothar Jorczik vom Hörensagen. Bei der jüngsten ist er maßgeblich beteiligt. Durch mehr als zehnjährige Restaurierungsarbeiten in der Kirche war die Orgel arg in Mitleidenschaft gezogen worden. Es wäre besser gewesen, sie für die Arbeiten abzubauen und einzulagern. Das hätte allerdings einen großen fünfstelligen Betrag gekostet. Geld, das nicht da war. Da mehrere Experten der Gemeinde bescheinigten, welch’ Schatz die Sauer-Orgel sei, wurde nach einer Lösung gesucht. 2007 entschied das Presbyterium die Orgel in acht Schritten zu restaurieren und rekonstruieren. Sie soll sich klanglich so weit wie möglich dem Original von 1901 nähern. Einzige Bedingung: Die angesetzten 235 000 Euro müssen ausschließlich durch Spenden zusammenkommen. Schritt eins (52 000 Euro) und zwei (54 000 Euro) sind gegangen. Der dritte Schritt, für den noch rund 15 000 Euro fehlen, ist für 2017 angedacht. Wenn etwas nachgebaut werden muss, wird bei Sauer-Orgeln in Wuppertal und Dortmund Maß genommen.

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Am Ende, nach den besagten acht Schritten, wird die Orgel 40 Register haben. Und 2450 Pfeifen. Und die Kosten werden – Preissteigerungen grob mitveranschlagt – sich auf etwa 300 000 Euro belaufen.

Lothar Jorczik, geboren und aufgewachsen in der Eisenstraße in Katernberg, liegt das Orgel-Projekt am Herzen. Das spürt man. Die 30 Stufen vom Kirchenportal hinauf zum Spieltisch wird er bestimmt noch so manches Mal steigen, auch wenn er selbst nicht mehr so viel spielen wird wie früher. Die Verbundenheit bleibt. „Wenn Gott will, werde ich das Orgel-Projekt bis zu dessen Ende begleiten.“