Essen-Altenessen/Karnap. . Die Bezirksvertretung V appelliert an Oberbürgermeister Reinhard Paß und die zuständigen Gremien, für eine zweite orthopädische Praxis zu sorgen.
Ausgerechnet, wenn Muskeln und Gelenke schmerzen, brauchen Patienten in Altenessen, Vogelheim oder Karnap besonders gutes Sitzfleisch. „Um eine erste Diagnose zu erhalten, sitzen Schmerzpatienten nicht selten sechs Stunden im Wartezimmer“, berichtet SPD-Bezirksvertreter Theo Jansen. Der Grund: Im Stadtbezirk V betreibt derzeit nur ein Orthopäde eine Praxis. Deshalb hat Theo Jansen die Initiative ergriffen, um die Facharztlücke im Norden zu schließen.
Ein Orthopäde im Ruhrgebiet ist derzeit für 22.600 Einwohner zuständig. Das hat die Bertelsmann-Stiftung in ihrem „Faktencheck Ärztedichte“ ausgerechnet. „Dies würde für den Bezirk V mit 57.000 Einwohnern (Tendenz steigend) bedeuten, dass hier derzeit 1,5 orthopädische Praxen fehlen“, heißt es in einem an einen Appell erinnernden Antrag, den die Bezirksvertretung V jetzt einstimmig beschlossen hat. Patienten müssten bis zu acht Wochen auf einen Termin warten.
Mehr Fachärzte in Rüttenscheid
„Deshalb fahren viele Leute aus dem Norden nach Rüttenscheid, weil es dort viel mehr Fachärzte gibt“, weiß Theo Jansen. Sein Fazit: „Die Situation ist nicht haltbar.“
Die Nord-Politiker bitten deshalb Oberbürgermeister Reinhard Paß um Unterstützung, um den Versorgungsnotstand abzustellen. Gemeinschaftspraxen oder auch die Kooperation mit dem Marienhospital seien vorstellbar.
Die Kassenärztliche Vereinigung (KV) bestreitet nicht, dass „die niedergelassenen Ärzte innerhalb der Stadtteile unterschiedlich verteilt“ sind. Das könne vorkommen, weil „bei den Orthopäden das gesamte Gebiet der Stadt Essen der relevante Planbereich“ ist. Und: Essen zählt derzeit 32 Orthopäden, so dass der statistische Versorgungsgrad bei etwa 128 Prozent liege. Aber schon bei 110 Prozent werde der Bereich für die jeweilige Arztgruppe gesperrt.
KV kann Praxissitz nicht vorschreiben
Das schließe allerdings nicht aus, dass ein Essener Orthopäde freiwillig seinen Praxissitz innerhalb der Stadt verlege und mit seiner Praxis in einen nördlichen Stadtteil zieht. Die KV verfüge allerdings nicht über die Rechtsmittel, „einem niedergelassenen Arzt – womöglich entgegen seinem Willen – einen Praxissitz vorschreiben bzw. zuweisen zu können“.
Im Marienhospital ist man von der Initiative der Bezirksvertretung überrascht. „Wir haben davon noch nichts gehört, die Planung ist uns nicht bekannt“, sagt Sprecher Oliver Gondolatsch.
Theo Jansen ist trotz der Stellungnahme der KV verhalten optimistisch, dass sich die Situation verbessert: „Beim Kinderarzt hat es auch ein Jahr gedauert, bis wir den Zuschlag für eine zweite Praxis bekommen haben.“