Essen. Politische Karikaturen des französischen Star-Zeichners Plantu sind derzeit im Deutsch-Französischen Kulturzentrum in Essen zu sehen. Plantu alias Jean Plantureux ist der Künstler, der seit 40 Jahren täglich Politik auf der Titelseite des Traditionsorgans „Le Monde“ unseres Nachbarlandes macht.
„Merkozy“ - das ist wie ein Zauberwort für jeden Karikaturisten, der die Tagespolitik aus verschärftem Blickwinkel auf den Punkt bringt. Nach Giscard d’Estaing und Helmut Schmidt oder Kohl und Mitterand sind die Kanzlerin und der kleine Pariser Premier so etwas wie ein Traumpaar für die Zeichen-Zunft.
Dass man da mit Plantu, dem französischen Star des Genres, auf der sicheren Seite ist, hat sich auch Michel Vincent gedacht, als er die Ausstellung „Drôle de peuple! / Komisches Volk!“ ins Deutsch-Französische Kulturzentrum nach Rüttenscheid holte.
Vorsichtige Entspannung
Plantu alias Jean Plantureux ist nicht irgendeiner, sondern der Künstler, der seit 40 Jahren täglich Politik auf der Titelseite des Traditionsorgans „Le Monde“ unseres Nachbarlandes macht. Und nach Adenauer und de Gaulle („Was für ein großer Mann“, lässt Plantu Merkel vor einem Standbild des Generals sagen, während dessen kleiner Nachfolger sich neben ihr windet) darf man die gefestigte deutsch-französische Freundschaft sicherlich auch munter karikieren.
Eine der frühesten der an der Brigittastraße ausgestellten Arbeiten zeigt Willy Brandt breitbeinig über der Berliner Mauer stehend. Fast nonchalant zeigt Plantu ihn als einen Konstrukteur der damaligen deutschen Ostpolitik, die gegen Ende des ganz kalten Krieges erstmals auf vorsichtige Entspannung setzte.
Ein Besuch lohnt sich
In den insgesamt acht Kapiteln ackert sich Plantu nicht nur durch die deutsch-französische Paarung, die Carla Bruni leicht verstimmt im ehelichen Schlafgemach aufdeckt. Dass Sarko es dieses Mal nur „für Europa tut“ mag man angesichts der deutschen Mutti in den Kissen durchaus glauben.
Natürlich taucht neben der starken Angie, die Griechenland noch einen Tritt gibt, so dass es endlich wie ein loser Zacken aus der europäischen Wirtschafts-Corona bricht, auch die eiserne Lady aus der Mottenkiste der Politik auf. Schließlich erlebte Plantu den Thatcherismus von dessen Anfang bis zu den schleichenden Nachwehen heute. Unübertroffen sein Humor, wenn er Kohl bei den transatlantischen Allianz-Gesprächen hinterrücks mit Mitterand Händchen halten lässt - während die andere schon Gorbi tätschelt. Maggie steht verbiestert daneben, nur die Handtasche fest im Griff. Also: Ein Besuch im Kulturzentrum lohnt auf Fälle.
Deutsch-französisches Jahr
So auch morgen, wenn um 17 Uhr Boualem Sansal, Friedenspreis-Träger des Deutschen Buchhandels im Deutsch-Französischen Zentrum seinen jüngsten Roman „Das Dorf der Deutschen“ vorstellt. Schon jetzt gibt Michel Vincent mit seinem kleinen Team im Kulturzentrum Vollgas. Das wird sich im Herbst noch verstärken. Denn am 9. September beginnt das Jahr der deutsch-französischen Freundschaft, das im Juli 2013 endet. Der Anlass ist die 50-jährige Wiederkehr der Unterzeichnung des Freundschaftsvertrags beider Länder durch Adenauer und de Gaulle 1963.
Auch die Essener Lichtwochen haben in diesem Jahr Frankreich zum Motto. Und das Deutsch-Französische Zentrum wird erstmals das Begleitprogramm entwickeln.
Die Karikaturenausstellung eignet sich auch für Schulklassen (Französisch, Politik, Geschichte) und ist zu geöffnet Mo 14.30-18.30, Mi 10-16.30 und Do 14.30-18.30 Uhr. Führungen und Gruppenbesuche außerhalb dieser Zeit können auf Anfrage organisiert werden. Info unter Tel.: 0201/77 63 89. Brigittastraße 34.