Essen. Der Vertrag von Essens Ballettchef Ben van Cauwenbergh soll verlängert werden. Er ist beim Publikum beliebt. Manche werfen ihm auch vor, aus Essens Ballett eine bunte Unterhaltungstruppe gemacht zu haben.

Soeben hat die vierte Spielzeit für Essens Ballettdirektor Ben von Cauwenbergh begonnen. 2008 entschieden sich eine Findungskommission und der Aufsichtsrat der Theater und Philharmonie GmbH (TuP), den Belgier vom Staatstheater Wiesbaden als Nachfolger von Martin Puttke an das Aalto-Theater zu holen. Seither fährt „Big Ben“, wie ihn manche in Anlehnung an seine gleichnamige Homepage nennen, eigentlich nur Erfolge ein. Zumindest aus der Sicht von Geschäftsführung und Aufsichtsrat, denn die Zahlen stimmen.

Zwischen 92 und 97 Prozent bewegen sich die Auslastungszahlen der Ballettvorstellungen in den vergangenen Jahren. Das macht ihm so schnell keiner nach. Selbst das erfolgsverwöhnte Musiktheater unter Stefan Soltesz lag zuletzt etwas darunter.

Dies ist sicherlich auch ein Grund für den Aufsichtsrat, Cauwenberghs Vertrag, der 2013 endet, verlängern zu wollen (die WAZ berichtete). Man habe aber noch Zeit mit der Unterschrift, heißt es dort. Zumindest bis zum Frühjahr. Allerdings spricht man auch von gegenteiligen Stimmen im TuP-Entscheidungsgremium, selbst unter Mitgliedern, die damals zu den Befürwortern von Cauwenberghs Engagement gehörten.

Abstinenz bei Neuerungen

Da (ähnlich wie zuvor in Wiesbaden) die Zahlen stimmen, dürfte es um die künstlerische Ausrichtung des Aalto Ballett Theaters gehen, das immerhin einmal als „Bestes Ballett in NRW“ galt und zahlreiche Ur- und Erstaufführungen zu Wege brachte. Man denke nur an Christian Spucks „Leonce und Lena“, die letzte gefeierte Uraufführung unter der Ägide des Vorgängers vom Frühjahr 2008, die Cauwenbergh im Mai wieder aufnimmt. Seither blieb die Essener Truppe, was Neues angeht eher abstinent. Cauwenbergh brachte neue Farben in die Essener Kompanie - auch wenn die eher bunt sind. Oder klassisch wie „La Sylphide“ oder „Coppélia“. Das Feuilleton dieser und anderer Regionalzeitungen (überregional kommt Essen kaum noch vor) spricht eher von Ballett-Revuen oder Unterhaltungsprogramm, wie im Fall der vertanzten Chansons in „La vie en rose“ oder jüngst „Irish Soul“. Allerdings hat Cauwenbergh diesen Abend eingeschoben, um eine aus finanziellen Gründen abgesagte Musicalproduktion des Musiktheaters zu ersetzen. So konnte das Aalto seine gewohnte Premierenzahl halten.

Dass es in der Truppe selbst zu Fluktuationen kam, gehört zu jedem Leitungswechsel. Allerdings sollen sich auch jetzt Tänzer verstärkt woanders hin orientieren, vernehmlich aus künstlerischen Gründen. Über die Perspektiven des Balletts aber auch dessen Einbindung in eine sich künftig weiterentwickelnde TuP will man seitens des Aufsichtsrats mit dem Ballettchef reden. Man wolle jedoch keinen Einfluss auf die künstlerische Ausrichtung nehmen. Das sei einzig die Sache der jeweiligen Spartenchefs, heißt es.

Cauwenbergh selbst zeigt sich überrascht, von Gesprächen um seine Vertragsverlängerung aus der Presse zu erfahren. Mit ihm habe bis jetzt niemand geredet. „Es läuft gut, ich habe - und liebe - mein Publikum und mache hier das, was man von mir bei meinem Antritt erwartete.“ Das scheinen die Entscheidungsgremien bis auf Weiteres auch so zu sehen.