Essen. .

Die Hauptwerke der Folkwang-Sammlung sind mit der Sonderausstellung „Das schönste Museum der Welt“ nach über 70 Jahren erstmals wieder vereint. Wir sprachen mit Kurator Uwe M. Schneede - für den das Folkwang noch immer „einzigartig“ ist.

Was meinte Paul J. Sachs, wenn er 1932 Folkwang „Das schönste Museum der Welt” nannte?

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Von DerWesten

Uwe M. Schneede: Nun Folkwang war damals in der Tat einzigartig - und zwar aus drei Gründen. Zunächst verfügte Essen über die beste Sammlung der klassischen Moderne der Zeit und besaß sowohl hochrangige Arbeiten französischer Künstler des späten 19. und frühen 20. Jahrhunderts, dann aber auch Werke des deutschen Expressionismus in hoher Qualität. das gab es selbst an den großen Häusern wie Berlin oder München zu der Zeit nicht. Dazu kam die außerordentliche Sammlung außereuropäischer Kulturen. Ungewöhnlich war für die Zeit, dass man mit außereuropäischer Kunst genauso umging, wie mit europäischer. Und schließlich gab es in den 1920er Jahren kaum Museumsneubauten. In Essen dagegen wurde ein Neubau zwischen Tradition und Moderne errichtet, in dem zum Beispiel auch auch der Bauhaus-Gedanke eine wichtige Rolle spielte. Man war damals in Deutschland allen anderen Ländern weit voraus, was die Reformbewegung im Museumsbereich angeht. Amerika folgte später diesen Ideen, wenn Sie an eben an Paul J. Sachs, einen Mitbegründer des Museum of Modern Art in New York, denken.

Konzipierten Sie eine „historische” Ausstellung?

Uwe M. Schneede:Nun, es war schon so etwas wie Museumsarchäologie, was wir im Vorfeld betrieben haben. es ging um eine ganz besondere Geschichte eines Hauses, einer Sammlung, die man nun den Menschen wieder vor Augen führen kann. Aber die Ausstellung ist zugleich Teil einer gerade stattfindenden Neuerfindung des Museum Folkwang, die auch dieser Neubau ausgelöst hat.

Handelt es sich dabei eher um den Versuch einer Rekonstruktion des Museums vor seiner Zerschlagung durch die Nazis oder wollten Sie eher den Geist der Sammlung und des Sammlers in ihrer Zeit zeigen?

Das Gemälde Weidende Pferde IV von Franz Marc gehört auch zu den Exponaten. Foto: Matthias Graben
Das Gemälde Weidende Pferde IV von Franz Marc gehört auch zu den Exponaten. Foto: Matthias Graben © WAZ FotoPool

Uwe M. Schneede:Nein, natürlich keine Rekonstruktion. Wir wollen vielmehr einen heutigen Blick vor allem auch auf die außereuropäischen Exponate werfen, die von Anfang an neben der klassischen europäischen Moderne eine große Rolle für die Sammlung spielten. Ziel von Museumsdirektor Hartwig Fischer und mir war es, einen Ausstellungs-Organismus zu präsentieren, der kein Sammelsurium sein sollte, sondern ein „Museum auf Zeit” zu schaffen.

Wie und wo erinnert man an das alte Folkwang vor 1937?

Uwe M. Schneede:Zunächst gibt es eine Dokumentation zur Geschichte des Hauses mit vielen Fotos aus der damaligen Zeit von Albert Renger-Patzsch. Es gibt aber auch Stellen, an denen wir Gemälde zum Beispiel mit afrikanischen Figuren kombinieren, wie man es in den 1930er Jahren erleben konnte. Und dann zeigen wir in einem Raum auch Entwürfe, die Schlemmer und Kirchner für die damaligen Folkwang-Räume schufen. Dazu erinnern alle Exponate an das damalige Museum. Wir zeigen heute nichts, was nicht damals im Hause zu sehen war. Bis auf den großen Nolde-Altar, den der Künstler damals selbst dem Hause „auslieh” sind alle Werke heutige und damalige Folkwang-Werke. Das macht die Ausstellung so unverwechselbar. Sie funktioniert eben so nur an diesem Ort, gewissermaßen als Einheit von Raum und Geschichte.

Wie reagierten öffentliche und private Leihgeber auf die Essener Anfragen?

Uwe M. Schneede:Nur positiv. Die haben sofort verstanden, dass es auch um eine wissenschaftliche und historische Arbeit ging. Mit dieser Ausstellungen versuchen wir auch, Zeitgeschichte aufzuarbeiten. Wenn wir am Ende auf einer Wand in großen Lettern an alle Künstlerinnen und Künstler erinnern, deren Werken damals beschlagnahmt wurden, hat dies natürlich auch eine politisch-historische Dimension.