Essen-Kettwig. . “Die Konsequenz aus der Loveparade-Katastrophe darf doch nicht sein, das regionale Brauchtum kaputt zu machen“, sagt Dirk Bonkhoff, Vorsitzender des KKC Blau-Weiß zur Absage des Karnevalsumzugs in Kettwig. Die Sicherheitsauflagen und damit verbundenen Kosten sind zu hoch.
Was 2010 in Duisburg geschehen ist, war eine furchtbare Tragödie. Aber die Konsequenz aus der Loveparade-Katastrophe darf doch nicht sein, das regionale Brauchtum kaputt zu machen.“ Dirk Bonkhoff, Vorsitzender des KKC Blau-Weiß, zählt sicher nicht zu jenen, die den Kopf voreilig in den Sand stecken. Aber vor der Aufgabe „Karnevalsumzug 2012“ mussten er und sein Co-Organisator Klaus Abelmann schweren Herzens kapitulieren. Es hätte nach 2008 und 2010 die dritte Veranstaltung unter ihrer Leitung werden sollen. Doch schon während der Vorplanung schwante den Karnevalisten Übles.
Der TÜV ist angehalten, alle Fahrzeuge umfassender und früher zu überprüfen als bisher. Neben höheren Kosten, etwa 50 Euro pro Wagen, ergibt sich ein Zeitproblem. „Zugmaschinen können in der Regel erst am Vortag abgenommen werden. Sie befinden sich schließlich im Alltagseinsatz“, erläutert Abelmann.
Forderungen der Stadt machen den dicksten Batzen aus
Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs sorgt für weiteren Verdruss. Die Rechteverwertungsgesellschaft GEMA darf demnach Gebühren pauschal nach der Fläche des Veranstaltungsorts erheben. Wie viele Menschen sich dort aufhalten ist unerheblich.
Den dicksten Batzen aber machen die Forderungen der Stadt aus. Kosten fallen für Platzmiete bzw. Überlassung, die Schankerlaubnis sowie für die Straßenreinigung an. Die Veranstalter haben zudem ein Sicherheits- und Ordnungskonzept umzusetzen. Kernpunkte: ein Ordner pro 50 Besucher, jeweils vier Absperrhilfen an jeder Kreuzung oder Einmündung - bei einem Zugverlauf wie in den Vorjahren müssten sich 52 Freiwillige an 13 Straßenecken postieren.
Gut 110 Mitglieder sind in den Gesellschaften KKC, FSV Berleburg und bei den Ruhrtalrittern aktiv. Die KG Fidelio zählt 77 organisierte Narren. Das Durchschnittsalter der Grün-Weißen aus dem Deutschen Haus liegt übrigens bei 70 Jahren.
An zentraler Stelle muss der Veranstaltungsleiter jederzeit erreichbar sein, eine lückenlose Rettungskette ist zu garantieren: Für die Erstversorgung muss ein Zelt vorgehalten werden. Ein Notarzt vor Ort ist ebenso Pflicht wie ein jederzeit einsatzbereiter Rettungswagen. Bitter für Abelmann und Bonkhoff, dass obendrein ihre Versicherung mit einer Tariferhöhung zulangt. Wohl gemerkt handelt es sich bei allen Posten um zusätzliche Belastungen, mit denen die Vereine bei der diesjährigen Zugplanung erstmals konfrontiert wurden.
Kosten von mindestens 10.000 Euro
Dass ein Toilettenwagen und Wurfmaterial natürlich ebenfalls ins Geld gehen, scheint Kettwigs organisierten Jecken angesichts dieser Fülle an Forderungen kaum erwähnenswert. „Grob kalkuliert kommen wir auf Kosten von mindestens 10 000 Euro. Und da sind noch keine Künstlergagen dabei“, sagt der Vorsitzende der Berleburger.
Höchstens die Hälfte ließe sich zum Beispiel durch Getränkeverkauf wieder hereinholen. Von einer Betteltour bei potenziellen Sponsoren hatte man sich im Vorfeld der Premiere durchaus etwas versprochen. „Ich habe 60 Briefe verschickt. Vier Firmen haben geantwortet“, so Abelmann. Zu einem Obolus war kein Unternehmen bereit.
„Das heißt natürlich nicht, dass wir überhaupt keine Unterstützung aus der Kettwiger Wirtschaft bekommen“, stellt Bonkhoff klar. „Inge Rauch etwa ist dem Karneval seit vielen Jahren verbunden und hat sich immer sehr großzügig beteiligt.“
Alle zwei Jahre fand der Kettwiger Karnevalszug bislang statt - weil es so schwer fiel, sich mit dem Gedanken an ein „gerades Jahr“ ohne Narretei unter freiem Himmel zu gewöhnen, ging das Duo der Frage nach, ob nicht eine Open-Air-Gala möglich wäre.
Abelmann: „In dem Fall hätten wir fast exakt den selben Aufwand betreiben müssen.“
KKC feiert im Petershof
