Essen-Werden. . Helmut Muschler hat eine umfangreiche Dokumentation des Werdener Lucius-Friedhofs an der Dückerstraße verfasst. Ruhestätten sollen nicht in Vergessenheit geraten.
- Ahnenforscher hat Grabmäler auf dem Werdener Lucius-Friedhof dokumentiert
- Genealogien gehen bis ins 19. Jahrhundert zurück
- Rückschlüsse auf wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung
Er kennt sie alle. Die Klapdors, Forstmanns, Huffmanns, Frielingsdorfs, Baedekers, Mintrops, Overhamms und Barkhovens, um nur einige der alten Familien zu nennen, die in Werden einst lebten und zum Teil immer noch hier ansässig sind. „Mit der Ahnenforschung habe ich schon bei meinen Eltern angefangen“, erzählt Helmut Muschler, der vor 78 Jahren in Schlesien geboren wurde und in Bayern aufwuchs. Ganze Bücher sind aus den Genealogien und heiteren Histörchen der Verwandtschaft geworden.
Sich der Geschichte der Werdener Familien zuzuwenden, beruhte allerdings weniger auf dem Ansinnen, den schon vielen bekannten Histörchen über die Persönlichkeiten weitere hinzuzufügen. Vielmehr widmet sich der einst im Maschinenbau tätige Muschler dem Totengedenken. Er hat eine Bestandsaufnahme der Grabmäler auf dem alten Werdener Lucius-Friedhof an der Dückerstraße gemacht und sie in einem umfänglichen Arbeitsbericht dargelegt.
Zwischen den dunkelgrünen Buchdeckeln befinden sich 500 Seiten mit Fotos der Grabsteine und Inschriften sowie ihre Lage auf dem weitläufigen grünen Areal, das sich hinter der kleinen Kirche bis zur Propsteistraße zieht. Daneben gibt es Urkunden, Dokumente, Rechnungen und eine Vielzahl von Lebensläufen, auf die Muschler in seiner gut eineinhalbjährigen Recherche gestoßen ist. „Meine Frau sagt immer, ich solle mich weniger mit den Toten als mit den Lebenden beschäftigen“, erzählt der 78-Jährige augenzwinkernd, fügt dann aber mit ernsterer Miene hinzu: „Wer macht es sonst? Der ganze Friedhof, das gerät alles in Vergessenheit. Meines Wissens ist es das erste Buch dieser Art über den Friedhof.“
Wirtschaftliche Entwicklung
Bis ins 19. Jahrhundert können die Genealogien der beigesetzten Menschen zurückverfolgt werden. An Namen wie Friedrich Joachim Bruns, Mitbegründer des kath. Krankenhauses, und der Buchhändler-Familie Baedecker lasse sich sehr gut die wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung der Ortschaft nachvollziehen, findet Muschler, der seit 1967 in dem Stadtteil lebt. Wobei nicht nur alteingesessene Werdener Bürger ihre letzte Ruhestätte auf diesem Gottesacker fanden. Ein Zweig der Familie Hitzbleck beispielsweise, eigentlich in Langenberg beheimatet, kam durch Heirat von August Hitzbleck mit der gebürtigen Werdenerin Maria Cornelia Dreier an die Ruhr.
Weitere Unterstützer willkommen
Die Arbeit sei nicht vollkommen und könne es auch nicht sein, „da viele urkundliche Nachweise im Laufe der Zeit verloren gegangen sind“, sagt Helmut Muschler bescheiden und dankt den beteiligten Archiven und Vereinen für die Unterstützung.
Geplant ist, bei einem Essener Verlag weitere Exemplare des Buches drucken zu lassen – mit einem Zuschuss des Bürgervereins. Weitere Sponsoren des Projektes sind gern gesehen.
„Die Erfahrungen haben gezeigt, dass eine Schrift über einen Friedhof länger hält als manche Grabsteine, die bekanntlich oftmals nach einer gewissen Zeit abgeräumt werden“, sagt Muschler. Und in diesem Fall hat er Recht. Nur 37 Platten und Grabmäler der vermutlich mehreren hundert Ruhestätten (bis 1876) sind überhaupt noch vorhanden. Die meisten davon sind in den Sommermonaten unter wucherndem Grün verborgen – und damit für die Besucher der heutigen Parkanlage kaum wahrnehmbar.
Das sei sehr schade, findet auch Dr. Dietmar Rudert vom Werdener Bürger- und Heimatverein, der seinen Vereinskollegen bei dem Buchvorhaben tatkräftig unterstützt – und nun die Werbetrommel rührt, um das bislang in Eigenregie verlegte Werk einer größeren Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Denn die sehe im Park in der Regel vor allem die von Bildhauer Wilhelm Albermann geschaffenen Reichsgründer-Statuen Heinrich von Moltke, Wilhelm I. und Otto von Bismarck. Die anderen steinernen Zeitzeugen blühen (noch) im Verborgenen.