essen-Kettwig. . Kammgarnspinnerei: Grundstücksgesellschaft Kettwig will Änderung des Bebauungsplanes. Stadtplaner bevorzugen Gewerbeansiedlung. Darum geht es.
Die Idee vom Kreativ-Quartier war gestern, eine weitere Wohnbebauung neben den neuen Häusern an der Seepromenade könnte es morgen werden – auf dem Areal der Scheidt’schen Hallen. Das wünscht sich jedenfalls die Kettwiger Grundstücksgesellschaft. Doch die Verwaltung steht einer Änderung des Bebauungsplanes skeptisch gegenüber, wie Eva Fendel, zuständig für die Bauleitplanung im Essener Süden, auf der jüngsten Sitzung der Bezirksvertretung IX durchblicken ließ.
„Wir haben vom Ansinnen gehört, dort mit mehr Wohnbebauung zu planen. Die Haltung unseres Amtes ist, dass wir den B-Plan nicht ändern werden. Wir finden ihn gut und solide. Außerdem waren zur Aufstellung viele aufwändige Gutachten nötig“, sagte Fendel. Und Ronald Graf, Leiter des Amtes für Stadtplanung, bekräftigt: „Die Grundstücksgesellschaft und die Politik haben genau dies so gewollt – einen Mix aus Gewerbe und Wohnungsbau auf dem Gelände der Kammgarnspinnerei. Der B-Plan wurde 2011 so beschlossen.“
Neue Gewerbeflächen seien gerade im Essener Süden dünn gesät, merkt Ronald Graf zudem an. Und er gibt ferner zu bedenken: „Wenn wir auf dem Gelände weitere Wohnbebauung zulassen, könnte es ein Problem mit dem Lärmschutz geben.“ Bislang bilde die Scheidt’sche Fassade einen geschlossenen Riegel zur Ringstraße.
Rüttenscheid ist urbaner Standort
Warum eine B-Plan-Änderung aber notwendig sei, erläutert Heinz Schnetger, Geschäftsführer der Kettwiger Grundstücksgesellschaft: „Während das Projekt Seepromenade durch Kondor Wessels erfolgreich am Markt umgesetzt wurde, haben wir für die Gewerbegrundstücke weder Mieter noch Investoren interessieren können.“
Visualisierungen und sogar Grundrissplanungen für einzelne Baufelder habe man entwickelt. „Wir haben den Köder bunt angemalt, aber er hat den Fischen nicht geschmeckt.“ Rüttenscheid und Holsterhausen seien die Viertel, in denen Grafiker, Werbefachleute, Künstler und andere Kreative sich offensichtlich zuhause fühlten. „Wir haben bei Besichtigungsterminen zu hören bekommen: Wie komme ich hier wieder weg? In Rüttenscheid ist es eben urbaner.“
Keinen tragfähigen Markt
Die Grundstücksgesellschaft habe feststellen müssen, „dass es für diesen Standort keinen tragfähigen Markt gibt.“ Die in Essen durch die EWG gesuchten Gewerbeflächen hätten ein deutlich anderes Profil, als die Kammgarnspinnerei dies in einer integrierten Ortsteillage bieten könne, sagt Schnetger. Darüber hinaus verzeichne im Übrigen auch das Gewerbegebiet „Teelbruch“ trotz der sehr niedrigen Mieten wachsende Leerstände.
Nach fünf Jahren erfolgloser Vermarktungsversuche sei man dann 2016 umgeschwenkt und habe das Grundstück wie berichtet an die Bollmann-Gruppe verkauft. Aufschiebend bedingt, was bedeutet: Der Entwickler folgt der Wohnungsnachfrage, „was nicht zuletzt gestützt wird durch die von InWiss im September 2017 publizierten Fortschreibung der Wohnbedarfsanalyse“, merkt Schnetger an. Und: „Wir machen hier keinen Kaltstart.“ Die Festsetzungen des B-Planes mit den denkmalgeschützten Gebäuden seien unstrittig. Der Investor setze auf Mietwohnungsbau. Wie das aussehen kann, hofft Schnetger bald den Ratsgremien vorstellen zu können.
>> Auf der Homepage der Stadt Essen
Der Bebauungsplan 1/10 für Ringstraße/Bachstraße/Promenadenweg ist im Internet abrufbar unter https://www.essen.de/leben/planen_bauen_und_wohnen/planen/aktuelle_stadtplanungen/Buergerbeteiligung_Ringstr.de.html.
Er ist mit seinen Festsetzungen seit dem 11. November 2011 rechtsverbindlich.