Essen/Gelsenkirchen. . Weil er einen Polizisten angegriffen hat, ist ein 36-jähriger Gelsenkirchener vor dem Essener Landgericht zu einer Geldstrafe verurteilt worden. Dabei will der Angreifer selbst das Opfer sein - wegen der Loveparade leide er unter psyischen Störungen, habe am Tattag Panik bekommen.
Angeklagt ist der 36-jährige Gelsenkirchener, weil er Polizisten angriff. Aber er sieht sich als Opfer, weil er durch die Duisburger Loveparade psychisch schwer gestört sei. Das Mitleid des Essener Amtsrichters Rolf Märten hält sich in Grenzen: Geldstrafe, 480 Euro (60 Tagessätze).
Um 6.30 Uhr hatte der Lkw-Fahrer am 24. Juni vor der Essener City-Diskothek „Hotel Shanghai“ randaliert. Obwohl er mit dem Einsatz der Polizei, die eine Schlägerei beenden sollte, nichts zu tun hatte, mischte er sich ein. Einen Beamten schubste er weg, rief „Bullen“ und war nicht zu beruhigen. „Er nervte“, erinnert sich ein 50-jähriger Polizist. Als sie ihn zur Wache bringen wollten, wehrte er sich.
„Im Wesentlichen stimmt die Anklage“, räumt Verteidigerin Birgit Zellerhoff ein. Doch die Tat sei durch seine psychische Störung zu erklären: „Er ist Opfer der Loveparade, nimmt seitdem Antidepressiva. Als er die Situation sah, bekam er Panik.“ Körperlich sei er bei der Loveparade nicht verletzt worden, habe aber im Tunnel gestanden und mache Schmerzensgeld geltend. Richter Märten: „Wenn man Panik hat, sollte man das Hotel Shanghai, das hieß früher Kalei, meiden. Da war doch immer was los.“
„Ich wollte meine Angst überwinden“
Ein Jahr lang sei er nicht mehr draußen gewesen, erklärt der Angeklagte. Die Nacht in Essen sei der Versuch gewesen, wieder feiern zu gehen. Drei Antidepressiva zählt er auf, die er genommen hätte: „Da habe ich mit den Tabletten übertrieben. Aber ich wollte meine Angst überwinden.“
Die Polizisten bestätigen, dass der Angeklagte auffällig war: „Der war neben der Spur.“ Im Auto hätte er zudem über Luftnot geklagt, „obwohl er genug Luft zum Schimpfen hatte“. Es werden nicht nur die Medikamente gewesen sein, die den Gelsenkirchener aggressiv machten. Rund ein Promille Alkohol hatte er im Blut, dazu in der Tasche ein Päckchen mit weißer Substanz, das ihm zusätzlich ein Drogenverfahren bescherte. Die Loveparade sah Richter Märten deshalb nicht als Erklärung an: „Es gibt Anzeichen, dass er durch andere Mittel beeinflusst wurde.“