Justiz und Nationalsozialismus: Die fatale Rolle der Juristen in der NS-Diktatur ist wieder ein Thema im Landgericht Essen. Neben der Wiedereröffnung einer Ausstellung über die Arbeit des Sondergerichtes gibt es jüdische Musik und Bilder über das Leben osteuropäischer Juden im 19. Jahrhundert.

Als Ausstellung gegen das Vergessen war sie gedacht, aber zuletzt war sie in Vergessenheit geraten. Abgeschoben in eine Ecke des verwinkelten Landgerichts an der Zweigertstraße fristeten die 14 Schautafeln ihr Dasein, kaum registriert von Besuchern. 14 Tafeln über die Rolle des Essener Sondergerichts, das in der Endzeit nationalsozialistischer Diktatur „Recht” sprach. 93 Todesurteile verhängte diese Sonderkammer des Landgerichts Essen, oft genug für Bagatellen. Plünderer trafen diese Urteile, aber auch sonstige „Volksschädlinge”.

Biografien jüdischer Juristen

Monika Anders, Präsidentin des Landgerichts Essen, will die Rolle der Justiz im Nationalsozialismus aufarbeiten. Foto: Ulrich von Born
Monika Anders, Präsidentin des Landgerichts Essen, will die Rolle der Justiz im Nationalsozialismus aufarbeiten. Foto: Ulrich von Born © Ulrich von Born / NRZ

Bauarbeiten im Gericht hatten für den Abbau der Schautafeln gesorgt, doch jetzt stehen sie wieder. „Wir haben einen würdigen Platz gefunden”, betont Gerichtspräsidentin Monika Anders. Sie stehen nun im Eingangsfoyer neben den Stelen, auf denen an die Biografien jüdischer Juristen erinnert wird, die während der NS–Zeit in Essen verfolgt wurden. Für Monika Anders ist die Erinnerung an die Rolle der Juristen ein klarer Schwerpunkt. Die Aufarbeitung dieser Zeit durch sachliche Information soll helfen, dass sich die Geschichte nicht wiederholt. Die Gefahr sei immer da: „Wir sind ja keine besseren Menschen.”

Themenabend zum Judentum

Justiz in der Nazi-Zeit beschäftigt das Landgericht schon lange, etwa 2007 bei der Rekonstruktion eines Prozesses. Foto: Ulrich von Born
Justiz in der Nazi-Zeit beschäftigt das Landgericht schon lange, etwa 2007 bei der Rekonstruktion eines Prozesses. Foto: Ulrich von Born © NRZ

Mit einem Themenabend wird am heutigen Dienstag ab 18 Uhr im Landgericht die Dauerausstellung über die Rolle der Essener Justiz in der Nazi-Zeit wiedereröffnet. Staatsanwalt Bernd Schmalhausen, der die Schicksale der auf den Stelen dokumentierten Lebensläufe jüdischer Juristen recherchiert hatte, wird kurz beleuchten, wie sich die Justiz damals dem Regime anpasste. Gleichzeitig eröffnet die Gelsenkirchener Künstlerin Stephanie Albers eine Ausstellung mit Bildern aus dem Leben osteuropäischer Juden im 19. Jahrhundert.

Das KZ überlebt

Bewegend dürfte der Auftritt von Josef Königsberg werden, der aus seiner Autobiografie „Ich habe erlebt und überlebt” vorliest. Der 1924 im schlesischen Kattowitz geborene Jude, der in Essen lebt, hatte in der NS-Zeit fast seine gesamte Familie verloren, selbst aber das KZ überlebt. Sachlich und trotzdem bewegend hat er als 82-Jähriger sein Leben auf Wunsch seiner Kinder aufgeschrieben. Ein Werk, das Hoffnung macht: „Ich habe grauenhafte Jahre überstanden, aber mir wurden auch viele schöne geschenkt. Alles in allem hat es das Schicksal doch gut mit mir gemeint.”

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