Dem Berufsschüler, der mit einem Amoklauf gedroht hatte, will die XVII. Essener Strafkammer helfen, seine psychische Erkrankung zu überwinden. Sie sprach ihn wegen Schuldunfähigkeit vom Vorwurf der Bedrohung frei und setzte seine Unterbringung in der Psychiatrie zur Bewährung aus.
Bedingung: Der 22-jährige Gelsenkirchener muss sich weiter einer stationären Therapie unterziehen und seine Medikamente nehmen. Später soll er in eine betreute Wohneinrichtung wechseln.
Mobbing-Opfer
Keinen Zweifel hatten die Prozessbeteiligten am zweiten Verhandlungstag, dass der junge Mann in seiner Klasse am Berufskolleg für Wirtschaft und Verwaltung in der Innenstadt gemobbt worden war. „Wir stellen fest, dass seinen Drohungen massive Provokationen durch seine Mitschüler voraus gingen”, betonte der vorsitzende Richter Gerd Scheibe im Urteil. Der spätestens 2007 an einer paranoiden Psychose erkrankte Beschuldigte sah sich an seiner Schule Hänseleien und Mobbing ausgesetzt. Er wehrte sich mit direkten Drohungen oder blutigen Ankündigungen in seinen selbstgeschriebenen Rap-Songs. „Ich schlachte euch alle!”, hieß es in einem.
Ausbruch der Psychose
Ein zerfahrenes Denken, rasche Stimmungswechsel und aggressives Verhalten bescheinigte die psychiatrische Gutachterin Maren Losch dem Beschuldigten beim akuten Ausbruch der Psychose im Sommer 2008. Auch sie sprach die Provokationen durch Mitschüler an: „Man ließ ihn auflaufen. Das konnte er wegen seiner Krankheit schwer verarbeiten.” Ohne Behandlung seien immer wieder aggressive Handlungen von ihm zu erwarten. Seitdem er in der Psychiatrie behandelt werde, habe sein Zustand sich verbessert. Die Gutachterin übte Kritik an der Schule. „Von Anfang an zog man dort seine psychische Erkrankung in Betracht, führte ihn aber keiner Behandlung zu.”
Lob für Mitschülerin
Eine Kritik, der sich die Verteidigerin Tanja Kretschmar-Handte in ihrem Plädoyer anschloss: „Ich bin entsetzt. Gerade vom Lehrkörper hätte ich mehr erwartet.” Auf die Amok-Drohung anspielend: „Das Ganze hätte ganz anders laufen können.” Sie lobte ausdrücklich eine Mitschülerin, die dem 22-Jährigen Hilfe angeboten hatte: „Hut ab, in dem Alter.” -ette