Bie zu acht Jahre Jugendstrafe verlangt die Staatsanwaltschaft Essen für die vier Jugendlichen Dorstener, die geplant hatten, ihre Eltern umzubringen, weil sie bei ihnen Geld vermuteten.

Das „letzte Wort” der vier Angeklagten klang so, wie sie sich schon zum Prozessauftakt am 22. April präsentiert hatten: Emotionslos und ichbezogen. „Es tut mir leid, und ich bitte um eine mildere Strafe”, sagten fast alle Offenbar war ihnen erst nach den Anträgen von Staatsanwalt Hans-Christian Gutjahr am sechsten Prozesstag bewusst geworden, was auf sie zukommt. Zwischen sechs und acht Jahre Jugendstrafe beantragte der Ankläger für die 16 bis 19 Jahre alten Angeklagten. Gemeinsam hatten sie geplant, Eltern umzubringen, um an Geld zu kommen.

Die Angeklagten und ihre Verteidiger beim Prozessauftakt vor dem Landgericht Essen. Foto Armin Thiemer
Die Angeklagten und ihre Verteidiger beim Prozessauftakt vor dem Landgericht Essen. Foto Armin Thiemer © Armin Thiemer

Treibende Kraft soll dabei eine 13-Jährige gewesen sein, die wegen ihres Alters nicht angeklagt wurde und jetzt fern von Dorsten im Heim lebt. Zwei der Angeklagten hatten zudem einen völlig unbeteiligten Passanten mit einem Zahnbeil schwer verletzt, um ihn auszurauben. Die Ähnlichkeit mit einem Hammer hatte den Namen „Hammer-Mörder” geprägt.

Staatsanwalt zeigt sich betroffen

Ungewöhnlich für Staatsanwalt Gutjahr, dass er seinem Plädoyer persönliche Worte voranstellte: „Ich mache diese Arbeit seit 20 Jahren. Von den Aussagen der Angeklagten war ich noch nie so betroffen. Unvorstellbar, wie vier junge Männer so emotionslos ihre Taten schildern.” Psychiaterin Maren Losch, die den Angeklagten ebenso wie ihre Mitgutachterin Erna Januszewski volle Schuldfähigkeit attestiert hatte, benutzte die Worte „grausam und gefühllos”.

Verteidiger distanziert

Selbst die Verteidiger gingen auf Distanz zu den Taten ihrer Mandanten. Rechtsanwalt Michael Schwankl: „Ich habe noch nicht erlebt, dass mit solcher Gefühllosigkeit vorgegangen wurde. Es ist für uns alle eine Zumutung.” Auch Verteidiger Wolfgang Zeitler zeigte sich „erschüttert”, fragte aber, was bei diesen Angeklagten „im Umfeld, im Elternhaus alles falsch gelaufen ist”.

Einer der Angeklagten, der wie die übrigen von vielen als
Einer der Angeklagten, der wie die übrigen von vielen als "eigentlich nett und freundlich" beschrieben wurde. Foto Armin Thiemer © Armin Thiemer

Es war eine Steigerung der Gewalt zwischen dem 5. September und dem 18. Oktober vergangenen Jahres, die von den im Grunde geständigen Angeklagten in wechselnder Beteiligung zu verantworten ist. Zuerst ging es um das brutale „Abziehen” von anderen Jugendlichen in der Nähe des Altstadttreffs. Die Opfer wurden bedroht und geschlagen, einem sogar der Unterkiefer gebrochen, damit sie Geld oder ein Handy abgaben. Dann reiften Mordpläne. Einfach so. Sie gingen zunächst von der 13-Jährigen, ihrem Freund Dominic (16) und dem 19-jährigen Damian S. aus. Der Plan: Mit einem Spaten sollte Dominics Pflegevater kampfunfähig gemacht, ihm dann die Pin-Nummer seiner EC-Karte abgepresst und danach die Kehle durchgeschnitten werden. Sie scheiterten, weil er fliehen konnte.

Mutter als Mordopfer angeboten

Die 13-Jährige bot an, sie könnten doch ihre Mutter und deren Freund umbringen. Bei denen sei Geld zu holen. Zur Verstärkung holten sie Burhan (17) und Marcel (17) dazu, die beide zu den Tätern vom Altstadttreff gehörten. Zahnbeile besorgten sie sich, doch auch hier scheiterten sie, weil der Stiefvater der 13-Jährigen schnell genug die Tür zuschlug. Auf dem Rückweg griffen Burhan und Marcel dann den Passanten an, verletzten ihn mit dem Beil schwer. Geld wollten sie von ihm, nannten aber auch Frust über den zuvor gescheiterten Mordversuch als Motiv. „Sie haben nicht so recht begriffen, was sie getan haben, was sie tun wollten, und wieviel Glück sie haben, dass er noch lebt”, hielt Opfer-Anwältin Imke Schwerdtfeger ihnen vor.

Jugendstrafrecht gilt

Für alle vier Angeklagte gilt Jugendstrafrecht. Auch wenn etwa der Hauptangeklagte wegen dreifachen Mordversuchs und mehrfachen Raubes schuldig sein sollte: Zehn Jahre Jugendstrafe ist das Höchstmaß. Ziel ist, dass die Verurteilten an feste soziale Strukturen gewöhnt werden, einen Schulabschluss machen und einen Beruf erlernen. Das Urteil will die Kammer am Dienstag, 14 Uhr, verkünden.

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