Essen. Die Basilika in Werden ist Ziel von Kirchenräubern geworden. Die Beute: ein Bischofsstab und ein Altarkreuz. Das Bistum stellt sich nun die Frage, ob es nicht einmal mehr eine "Ganovenehre" gibt.
Nach dem ebenso spektakulären wie dreisten Diebstahl des Reliquienschreins aus dem Hochaltar des Domes im vergangenen Jahr war jetzt die Werdener Ludgerus-Basilika Ziel von Kirchenräubern. In der Nacht von Montag auf Dienstag brachen Diebe in das Gotteshaus ein und entwendeten den Bischofsstab des früheren Bischofs von Münster, Clemens August von Galen, sowie ein Altarkreuz des prominenten Nazi-Gegners, das die Grafenfamilie normalerweise in der Kapelle ihres Sitzes Burg Dinklage verwahrt.
Den Diebstahl entdeckte der Werdener Küster Adam Fitza am Dienstagmorgen. Sofort wurde die Polizei gerufen, die den Tatort untersuchte. Außerdem benachrichtige die Ludgerus-Gemeinde das Bistum Münster, das im Laufe des Tages mit einer Delegation eintraf, darunter auch Bischof Felix Genn. Für den ehemaligen Essener Oberhirten und Nachfolger von Galens auf dem Münsteraner Bischofsstuhl ist Werden natürlich vertrautes Terrain. Werdens Propst Johannes Kronenberg war erschüttert: „Manchen Menschen ist nichts mehr heilig.” Besonders ärgerlich: Die Schau über Leben und Werk von Galens anlässlich des Ludgerus-Jubiläumsjahres wäre am vorgestern ohnehin zu Ende gegangen.
"Unersetzliche ideele Gegenstände"
Zwar sei die Ausstellung auf der großen Empore im Langhaus der Basilika versichert gewesen, doch der Verlust der beiden sakralen Gegenstände sei mit Geld nicht aufzuwiegen. „Es sind unersetzliche ideelle Gegenstände, deren materieller Wert allerdings nicht gewaltig ist”, so Kronenberg.
Dabei hatte die Ludgerus-Gemeinde alles getan, damit kein Ausstellungsstück abhanden kommt. Während der Öffnungszeiten waren immer Mitglieder der Ludgerus-Bruderschaft vor Ort – in der Nacht natürlich nicht, schließlich war das Gotteshaus fest verschlossen. Bei der Untersuchung stellte sich heraus, dass der oder die Täter mit einem exakten Plan zu Werke gegangen waren. Sie hatten unter anderem das passende Werkzeug mitgebracht, um die Spezialschrauben an den Vitrinen lösen und so von Galens silbernen, fein gearbeiteten Bischofsstab sowie das Altarkreuz aus Messing entwenden zu können.
Vom schönen Schein getäuscht
Damit liegt auch dieser jüngste Kirchenraub in der Linie der Delikte, bei denen der materielle Wert weitaus geringer war, als von den Dieben wohl angenommen. Man habe sich wohl vom schönen Schein täuschen lassen, so Ulrich Lotha. Für den Sprecher des Bistums Essens sind die beiden jungsten Einbrüche die schwersten in seiner 13-jährigen Amtszeit. Früher habe es noch soetwas wie „Ganovenehre” gegeben, man vergriff sich nicht an Kirchen. Das ist passe. Allerdings blieben die meisten Gotteshäuser aus Angst von purem Vandalismus geschlossen. Von organisiertem Diebstahl mag er nicht reden. „Dafür sind die meisten Kirchen im Ruhrgebiet zu jung, üppige Ausstattungen aus Mittelalter und Barock gibt es nicht."