Essen. Der bundesweite Bahnstreik ist vorerst beendet. So mancher Fahrgast wusste gar nichts von einem Ausstand, denn von den vorhergesagten „erheblichen Beeinträchtigungen bis in die Mittagsstunden“ war zumindest am Essener Hauptbahnhof nicht viel zu sehen.

Es hätte deutlich schlimmer werden können: Genervte Pendler, überforderte Bahnmitarbeiter und eine Anzeigetafel, die nur schlechte Nachrichten verkündet. Tatsächlich blieben zahlreiche Züge bis in die frühen Morgenstunden stehen, doch bereits wenige Stunden nach dem großen Bahnstreik herrschte am Essener Hauptbahnhof weitestgehend Normalität – oder wie Vielfahrer gerne sagen – auf die Verspätung der Bahn kann man sich verlassen. Selbst die Deutsche Bahn, die am Dienstag noch erhebliche Beeinträchtigungen bis in die Mittagsstunden“ vorhergesagt hatte, gab relativ schnell Entwarnung. „Wir sind wieder einigermaßen im Lot. Richtig dicke Verspätungen haben wir nicht mehr“, erklärte ein Bahnsprecher gestern Mittag gegenüber der NRZ.

Die üblichen Verspätungen

Die Stimmung auf den Bahnsteigen war daher entsprechend gelöst. Zwar kamen hier und da einige Züge etwas später als eigentlich vorgesehen, aber das geschieht auch an anderen Tagen, wie die 23-jährige Nicole Wehland leidvoll aus eigener Erfahrung weiß. „Ehrlich gesagt habe ich gar nicht mitbekommen, dass heute früh gestreikt wurde. Ich fahre täglich Bahn und die Züge fallen auch sonst ziemlich oft aus oder kommen zu spät. Eigentlich ist alles wie immer,“ so die Essenerin. Als ihr Zug, der Regionalexpress 11 nach Hamm schließlich in den Bahnhof einfuhr, zeigte die Uhr eine Verzögerung von knapp zehn Minuten an. Die Fahrgäste reagierten gelassen.

Keine besonderen Auffälligkeiten also beim Blick in die Bahnhofshalle. Zwei Bundespolizisten patrouillierten durch das Foyer und am Taxistand warteten einige Limousinen auf Fahrgäste. Die einzige nennenswerte Schlange bildete sich an der Kasse eines Fast-Food-Restaurants, und auf den Gleisen erinnerte lediglich eine einsam geparkte Lokomotive der Hafen und Güterbahn Köln AG an den weiter brodelnden Tarifstreit. Auch am Informationsschalter blieb es fast schon erstaunlich ruhig. Große Menschenmassen, wie man sie noch von den Tagen nach Pfingstorkan Ela kennt, suchte man zumindest um 9.30 Uhr vergebens.

Vereinzelt gelangweilte Menschen

Keine wütenden Passagiere, die fragend von links nach rechts laufen, keine Mitarbeiter, die sich in ihren Wartehäuschen verschanzen. Nur vereinzelt sah man gelangweilte Menschen auf ihren Koffern sitzen. Einige spielten mit ihren Handys, andere lasen Zeitung. Eine Lautsprecherstimme sagte dann von Zeit zu Zeit: „Der Intercity von Frankfurt nach Westerland fährt heute circa 50 Minuten später. Grund dafür sind Streikauswirkungen.“

So manchen Fahrgast stellte der Streik also doch vor große Probleme. Einige Pendler wichen kurzerhand auf das Auto aus, so wie auch ein Urlauber, der nicht namentlich genannt werden möchte. Der Fahrgast hatte seinen Anschlusszug nach Warnemünde verpasst, weil eine Regionalbahn zu viel Verspätung hatte. „Ich habe mir jetzt ersatzweise ein Ticket für den Reisebus gekauft. Ich habe auch versucht, mein Ticket für die Hinfahrt zu stornieren, aber die Bahn hat sich geweigert“, berichtet der Kunde verärgert. „Die Begründung lautet, dass die Züge ja fahren.“ 93 Euro hat der Fahrgast für die Hin- und Rückfahrt bezahlt, dazu 35 Euro für die einfache Busfahrt.

Nahverkehr wieder schnell im Takt

Deutlich mehr Glück hatte Pendlerin Joy Skottky. Die junge Studentin konnte gleich zwischen zwei Verbindungen nach Bottrop wählen, wie ihr Service-Mitarbeiter Dennis Bremer auf dem Bahnsteig freundlich erklärte. „Das ist sehr gut. So komme ich pünktlich an mein Ziel“, freut sich die Essenerin. „Ich bin heute aber auch eine Stunde später zum Bahnhof gefahren, weil ich dem Streik aus dem Weg gehen wollte.“

Während man im Fernverkehr tatsächlich so manche Beeinträchtigung in Kauf nehmen musste, kehrte vor allem bei den S-Bahnen schnell wieder Normalität ein, wie auch ein Bahnsprecher bestätigte. „Die Nahverkehrszüge sind sehr eng getaktet. Wenn hier gestreikt wird, führt das schnell zu großen Verzögerungen. Ebenso schnell rollt dann auch alles wieder nach Fahrplan.“