Essen-Altenessen.. Seit einer Woche verschönert mit Tank Conzen ein Graffiti-Künstler den Tunnel unter dem Allee-Center in Altenessen. Die Kunden bleiben begeistert stehen und freuen sich über die gestochen scharfen Bilder.
Die Konfrontation mit dem Kunstwerk kommt für manchen Kunden im Altenessener Allee-Center recht überraschend. Bisher war der 40 Meter lange Tunnel zwischen dem Souterrain und dem Marktplatz eher zum Weggucken schäbig, doch jetzt bleiben die Menschen vor Begeisterung stehen. „Ich finde es einmalig. Das hat Sinn und ist ansehenswert“, gerät Günther Laskowski (77) geradezu ins Schwärmen. Tank Conzen heißt der Künstler, der diesen Effekt erzielt.
Vor einer Woche hat der 32-jährige Graffiti-Maler aus Leichlingen bei Leverkusen begonnen, eine drei Meter hohe Wand mit seinen Bildern zu veredeln. Bis Ende des Monat können die Kunden noch beobachten, wie sein Kunstwerk nach und nach entsteht.
"Das ist Kunst!"
Was sie schon jetzt zu sehen bekommen, löst eine Mischung aus Erstaunen und Andacht aus. „Das ist Kunst!“, stellt Ilona Scheffler fest. Und während sie ihre Einkaufstüten abstellt, um das Portrait eines dunkelhaarigen Vollbartträgers näher zu betrachten, äußert ihre Freundin Barbara Lehmann einen weit verbreiteten Wunsch: „Wenn doch alle Wände so schön angemalt wären.“
Tank Conzen bekommt die meisten dieser Äußerungen bei der Arbeit nicht mit. Er stülpt sich lieber einen Kopfhörer über und hört bei der Arbeit Rap-Musik oder Rock-Klassiker. „Die vorbeigehenden Leute fragen ihn Löcher in den Bauch“, zeigt auch Center-Manager Markus Haas Verständnis für diese Art der Abschottung.
Nach seinem Kunststudium an der Universität in Wuppertal hatte sich Tank Conzen schon früh der Spraydose verschrieben. Und er spürte schnell: Illegales Malen ist nicht seine Sache. „Es hat sich für mich nicht als das dargestellt, was ich machen möchte. Ich möchte im Hellen malen und nicht versteckt.“
Inzwischen ist er schon zu Festivals auf Malta, im englischen Blackpool und sogar in New York eingeladen worden und hat dort die Großen der Sprayer-Szene kennengelernt.
Weder Gewalt noch Sex
In Altenessen genießt er, den Auftrag des Allee-Centers ohne jede Auflage ausführen zu dürfen. „Das ist ein ganz freies Projekt“, lobt er das Center-Management. Seinen Entwurf, den er dem Center-Management natürlich vorgelegt hatte, darf er ohne Abstriche umsetzen. „Bei mir gibt es auch nichts Religiöses oder Politisches, keine Gewalt und keinen Sex“, lautet seine Devise.
Seine Motive, also seine Models, muss er nicht lange suchen: „Ich finde sie in meinem Lebensumfeld daheim.“ Der so gut aussehende Brillenträger ist etwa sein Kollege Marko, weitere markante Gesichter werden folgend.
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Nachdem er die Konturen per Overhead-Projektor auf die Wand projiziert und dann mit dünnen Strichen nachgemalt hat, beginnt die eigentliche Spray-Arbeit an den dreidimensional wirkenden Bildern. Wobei die Liebe zum Detail heraussticht. Etwa der Spatz, dem er seinem Marko auf die Schulter gesetzt hat. Erst beim zweiten Hinsehen fallen die kubistischen Elemente auf: Der kleine Vogel besteht eigentlich nur aus Dreiecken.
Was wiederum Klaus Oller (63) fasziniert. Er zückt sein Smartphone und fotografiert den kubistischen Piepmatz. „Diese Farbzusammenstellung ist toll“, schwärmt der Altenessener.
Tank Conzen ahnt, dass er das sagt, aber er hört schon gar nicht mehr zu. Sonst käme er mit der Arbeit nicht weiter . . .