Essen. Jugendliche Graffitisprayer sollen in ihren Sozialstunden die Stadt Essen säubern. Darum geht es in dem Projekt “Essen einwandfrei“ gegen illegale Graffiti. Es steht für einen außergerichtlichen Täter-Opfer-Ausgleich. Doch das Projekt steht kurz vor dem Aus.
Offiziell hat die Stadt zwar noch nicht Farbe bekannt, doch hinter den Kulissen gibt es erste konkrete Überlegungen, wie das recht blasse Aus für ein durchaus buntes Projekt noch abzuwenden sein könnte: Nachdem dem Konzept gegen illegale Graffiti „Essen einwandfrei“ mangels genügend Erstschmierern, die für einen außergerichtlichen Täter-Opfer-Ausgleich geeignet gewesen wären, nach einem Jahr das Treibgas auszugehen drohte, soll der Kreis der potenziellen Teilnehmer nun merklich erweitert werden.
Das heißt: Nicht nur die überführten Sprayer selbst, sondern auch all jene Jugendlichen, auf deren Konten die ganze Palette diverser anderer Sachbeschädigungen an Autos, Bussen, Bahnen, privatem oder öffentlichem Eigentum geht, sollen die Farbsprühereien von Trafos, Mauern und Gebäuden künftig beseitigen.
Sozialstunden sind zum Saubermachen da, könnte dann die stadtweite Devise heißen, von der sich Experten der Jugendhilfe auch eine gewisse pädagogische Wirkung erhoffen. Es gehe nicht allein darum, junge Menschen im Rahmen der Gemeinwohlarbeit die Stadt putzen zu lassen, heißt es. Viel mehr erhoffe man sich einen vorbeugenden Effekt in die Cliquen hinein: Wer die Graffiti seines Kumpels durch schweißtreibende Arbeit entfernen musste, könnte ihn womöglich ermahnen, den Unfug künftig doch bitte schön zu unterlassen. Und vielleicht die Botschaft loswerden, dass finanzielle Ansprüche der Opfer bis zu 30 Jahre nach dem 18. Lebensjahr der Täter gültig bleiben.
CDU möchte private Spender anzapfen
Wie viele Sozialstunden von wie vielen Jugendlichen in diesem neuen Rahmen abzuleisten wären, lässt die Stadt gerade ermitteln. Ihre Zahl dürfte jedoch um ein Vielfaches höher sein, als die der Ersttäter, die in der Vergangenheit einer Farbschmiererei überführt wurden und danach geständig waren: Es waren gerade einmal zehn in einem Jahr, die dann für das so genannte Diversionsverfahren (Wer schmiert, putzt auch) in Frage kamen. Bei rund 1000 Strafanzeigen nach Sachbeschädigungen durch Sprayer Jahr für Jahr ist das eine verschwindend kleine Größe. Der erhoffte Erfolg blieb also aus. Der Personalaufwand, um die Jugendlichen bei einem Täter-Opfer-Ausgleich, an dem in der Regel gleich mehrere Behörden beteiligt sind, angemessen zu begleiten, war vor diesem Hintergrund kaum noch zu rechtfertigen. „Die gegenwärtigen haushaltsrechtlichen Rahmenbedingungen lassen für weitergehende Überlegungen keinen Spielraum“, hieß es zuletzt seitens der Stadt.
Ein Fazit, mit dem sich die CDU-Fraktion im Rat der Stadt so ohne weiteres dennoch nicht abfinden will. Um „Essen einwandfrei“ trotz aller Widrigkeiten, die auch die Stadt Düsseldorf mit ihrem vergleichbaren Konzept gegen illegale Graffiti kennen lernte, fortsetzen zu können, möge die Stadt doch prüfen, ob nicht EU-, Bundes-, Landestöpfe oder die Börsen privater Spender anzuzapfen seien – als ginge es allein ums Geld. Der Vorschlag ist wohl kaum mehrheitsfähig im kommenden Ausschuss für Öffentliche Ordnung und graue Wahlkampfrhetorik. Da kommt die neue Idee der Stadt schon etwas farbiger daher.