Essen. Die bauliche „Basislösung“ für die Messe, die der Aufsichtsrat einstimmig abgesegnet hat, ist auf ein unterschiedliches Echo gestoßen. Kritische Worte kommen von den Initiatoren des Bürgerbegehrens, die im Bürgerentscheid am 19. Januar den vormals geplanten 123 Millionen Euro teuren Messe-Umbau gekippt hatten.
Die bauliche „Basislösung“ für die Messe Essen, die der Messe-Aufsichtsrat am Donnerstag einstimmig abgesegnet hat (die NRZ berichtete), ist auf ein unterschiedliches Echo gestoßen. Während CDU, SPD, FDP und die Grünen lobende Worte für die Planung finden, äußern sich die Linken deutlich zurückhaltender. Kritische Worte kommen dagegen von den Initiatoren des Bürgerbegehrens, die im Bürgerentscheid am 19. Januar den vormals geplanten 123 Millionen Euro teuren Messe-Umbau gekippt hatten.
„Ich glaube, dass es auch ohne den Abriss und Neubau von Hallen gegangen wäre“, sagte gestern Professor Wilfried Breyvogel. „Ich bin nach wie vor skeptisch, ob das wirtschaftliche Modell der Messe tragen wird, ohne dass der Bedarf an Zuschüssen gewaltig steigt.“ Dass die Messe ein anderes Foyer Ost benötige und hier als erstes ansetzen wolle, in diesem Punkt stimme er der Planung zu. Ebenso bei der neuerlichen Berechnung des finanziellen Puffers: „Die nun veranschlagten 30 Millionen Euro sind deutlich ehrlicher, als alle anderen Zahlen, die zuvor beim 123-Millionen-Projekt genannt wurden. Dies zeigt nur, dass wir mit unserer Kritik richtig lagen.“
Schreiben des Bürgerforums
Mit Interesse habe er den Hinweis des Essener CDU-Fraktionsvorsitzenden Thomas Kufen gelesen, Oberbürgermeister Reinhard Paß solle auch mit den Initiatoren des Bürgerbegehrens das Gespräch suchen: „Trotz entsprechender Bekundungen am Abend des Bürgerentscheids ist das bis heute nicht geschehen. Wir stehen immer für Gespräche bereit.“ Breyvogel betonte, dass das „Bürgerforum Messe Essen“, das sich nach eigenen Worten zur Aufgabe gemacht hat, zwischen Befürwortern und Gegnern des Messeausbaus zu vermitteln, nicht im Namen der Initiatoren des Bürgerbegehrens spreche: „Wir haben da nach wie vor unterschiedliche Standpunkte.“
Dies sei bei einem Treffen im Sommer deutlich geworden. Im Juli hatte sich das Bürgerforum in einem Schreiben an Oberbürgermeister Paß und die im Stadtrat vertretenen Parteien gewandt, mehrere Kritikpunkte an der neuen Planung geäußert (Niveauprobleme zwischen Hallen, fehlende Klimatisierung, fehlender Betriebskostenvergleich), Empfehlungen für eine „bessere emotionale Bindung“ der Essener an die Messe gegeben (zum Beispiel Hallen für Bürgerversammlungen, Spiele, Sportveranstaltungen freizugeben, Aktivitäten mit der Stadt zu verzahnen), im Kern aber die Bauvorschläge gelobt und eine schnelle Umsetzung der rund 88 Millionen Euro teuren Basislösung angemahnt: „Bitte verstehen Sie diese Empfehlung auch als Aufforderung an alle im Rat vertretenen Parteien, auf jede parteitaktische Einlassung und weitere Forderung zu verzichten und sich hinter unsere Messe zu stellen, die mit dieser Ertüchtigung wettbewerbsfähiger in die Zukunft starten kann“, heißt es abschließend in dem von Eberhard Kanski (Bund der Steuerzahler), Horst Pomp (Umweltschützer), dem Architekten Werner Ruhnau, Manfred Schwarz und Detlef Weber gezeichneten Schreiben.
FDP will "konstruktiven Diskurs"
Breyvogel liegt mit seiner Klarstellung vermutlich gar nicht mal so falsch, denn bereits die FDP-Ratsfraktion verweist – übrigens ebenso wie Messe-Chef Oliver P. Kuhrt – gern auf die Unterstützung des Bürgerforums, ein wenig dem Motto folgend: Seht her, selbst einstige Gegner sind nun dafür.
So schließt sich die FDP auch den aus ihrer Sicht vernünftigen Forderungen des Forums an: „Ich erwarte von allen Fraktionen im Rat einen konstruktiven Diskurs über die Planungen, einen weiteren Aufschub kann sich diese Stadt nicht erlauben“, sagt jedenfalls FDP-Fraktionschef und Messe-Aufsichtsratsmitglied Hans-Peter Schöneweiß. Bedauerlich sei, dass einige Modernisierungen, insbesondere energetische und logistische Verbesserungen, nicht umgesetzt werden können. „Ob sich der Defizitausgleich der Stadt Essen in Höhe von 13,5 Millionen Euro deutlich reduzieren lässt, wird sich noch zeigen müssen, da der Neubau der Messehalle in das bestehende Energiesystem kaum Entlastung bei Heiz- und Energiekosten bringen wird.“
SPD drängt auf Einhaltung des "Fahrplans"
Für den SPD-Fraktionsvorsitzenden Rainer Marschan verfügt die Messe mit den Umbauplänen über eine „solide Zukunftschance im Wettbewerb mit den anderen Messeplätzen“. Die Pläne würden nun intensiv geprüft, im September im Rat diskutiert – und sollen in der Oktober-Ratssitzung beschlossen werden.
Pläne für Umbau der Messe
Um eine Fertigstellung der neuen Hallen bis 2019 wie geplant zu erreichen, müsse der Fahrplan unbedingt eingehalten werden, so Marschan, damit im Mai 2016 begonnen werden könne. „Die Messeleitung hat aus meiner Sicht aber genügend Raum für umfassende Information und Beratung, nicht nur in den politischen Gremien, sondern auch für die Essener Bürger vorgesehen.“
Linke pocht auf vergangene Fehler
Nach Ansicht der Linken-Ratsfraktion ist es dabei „unerlässlich“, vor einer Entscheidung mit den Initiatoren des Bürgerbegehrens zu sprechen. Deshalb sei die Entscheidung im Aufsichtsrat „verfrüht“. „Das Bürgerbegehren hat deutlich gemacht, dass die Bürger keine Großinvestition wollten, deren Umfang und Nutzen unübersehbar ist“, so die Fraktionsvorsitzende Gabriele Gieseke.
Die Fehler der Vergangenheit, die Bürger nicht ausreichend zu beteiligen, dürften nicht wiederholt werden. „Wir können den Umbauplänen jedenfalls nur zustimmen, wenn es einen breiten Konsens in der Stadtgesellschaft dafür gibt.“
Grüne begrüßen Erhaltung alter Hallen
Hiltrud Schmutzler-Jäger, die Fraktionsvorsitzende der Grünen, lobte die neuen Pläne: „Sie machen gegenüber der ursprünglichen Messe-Ertüchtigung einen deutlich besseren Eindruck, auch wenn bei uns noch nicht alle Fragen im Hinblick auf die Wirtschaftlichkeit und den Umgang mit dem Kostenpuffer geklärt sind. Der neue Plan konzentriert sich endlich auf die von uns immer in den Vordergrund gerückte Modernisierung der Doppelstockhallen.
Die Planungen sind auch ein deutlicher Beleg dafür, dass viele der von Oberbürgermeister Paß gegen die Initiatoren des Bürgerentscheides ins Feld geführten Argumente falsch waren. Denn im neuen Entwurf zeigt sich, dass eine Modernisierung auch ohne Abriss sämtlicher alter Hallen möglich ist.“ Er beweise auch, dass ein Kostenpuffer von wenigstens 15 Prozent notwendig sei.