Das Lese-Festival Literatürk feiert in diesem Jahr zehnjähriges Bestehen. Vom 1. bis 10. Oktober präsentieren 20 Autoren zwischen Volkshochschule und Zeche Carl nicht nur türkischsprachige Literatur

Die alte Weltanschauungs-Frage, ob das Glas nun halb voll oder halb leer ist, lassen sie gar nicht erst aufkommen. Der Kelch, den das Festival Literatürk zum 10. Bestehen auf sein Programmheft gehoben hat, ist randvoll. „Zeit auszuschenken“ heißt vom 1. bis 10. Oktober das Motto. Und wenn am Ende alles verbraucht ist, Zeit, Geschichten und Ressourcen, dann wollen sie schleunigst wieder in die Planung fürs nächste Lesefest gehen. Neue Festival-Partner sind nämlich gefunden, ein Festivalbeirat ist gegründet und neue Veranstaltungsorte wie die Uni Duisburg-Essen oder das Kölner Dokumentationszentrum für Migration in Deutschland sind dazugekommen.

Zehn Tage, fünf Städte, Spielorte vom Grillo-Theater bis zur Zeche Carl, dazu 20 Autoren von Feridun Zaimoglu bis zu türkischen Literaturstars wie Murat Uyurkulak und Emrah Serbes stehen auf dem Programm. Es geht es in den Veranstaltungen um die Proteste im Gezi-Park 2013 und auch um den NSU-Terror, den Dramaturg Christian Scholze in seiner Theateradaption des Buches „Schmerzliche Heimat“ thematisiert. In dem Buch verarbeitet die junge Türkin Semiya Simsek den Mord an ihrem Vater (5. 10. Maschinenhaus der Zeche Carl).

Blick ins Programm

Zur Eröffnung kommen die Autoren Hakan Günday und Feridun Zaigmoglu am 1. Oktober, 19.30 Uhr ins Filmstudio Glückaufhaus.

Travestiekünstlerin Lilo Wanders ist am 2. Oktober, 20 Uhr, in der Zentralbibliothek, Hollestraße, zu Gast. Mit Gerhard Meier liest sie aus Ahmet Hamdi Tanpinars „Uhrenstellinstitut“. Mehr Infos: www. literatuerk.com

"Wir sind kein Migrations-Festival“

Gleichwohl werde Literatur hier nicht nur durch die politische Brille gesehen, sagt Fatma Uzun, die die Literatur-Reihe zusammen mit ihrer Schwester Semra und Johannes Brackmann, Geschäftsführer des Kulturzentrum Grend, gegründet hat. „Wir sind auch kein Migrations-Festival“, erklärt Brackmann.

Vielmehr gehe es darum, türkischsprachige Literatur einem breiteren Publikum bekannt zu machen. Zu Wort kommen aber auch deutschsprachige Autoren aus unterschiedlichen Kulturkreisen, wie die slowakische Autorin Irena Brezná, die in „Die undankbare Fremde“ für ein „Recht auf Fremdheit“ plädiert (4. Oktober, Grillo-Theater).

Bislang 10.000 Besucher

Als „Literatürk“ 2005 gegründet wurde, da seien viele ihrer Generation geradezu erleichtert. gewesen, dass es da im Ruhrgebiet endlich mal etwas anderes gab als Folklore, erinnert sich Semra Uzun-Önder. Und die bislang 10.000 Besucher sind bester Beleg für die Nachfrage.

Deshalb hält man es auch für kein „Überangebot“, wenn neben „Literatürk“ fast zeitgleich die deutsch-türkische Buchmesse in Essen und weiteren Städten im Ruhrgebiet über die Bühne geht. Die etwas eigenwillige Überschneidung zweier Lesefeste im Ruhrgebiet wird seit längerem diskutiert. Ins Frühjahr zu wechseln, sei auch keine Option, sagt Brackmann, da man inzwischen bis weit in den Spätsommer auf die Zuwendungsbescheide warten müsse und ein Festival so vorher überhaupt nicht finanzierbar sei. Das Land unterstützt „Literatürk“, ebenso wie die Stadt, die Kunststiftung NRW, das Zentrum für Türkeistudien und die Mercator-Stiftung.