Essen. Bundesweit thematisieren Politiker, Medien und Nutzer sozialer Netzwerke die antisemitischen Ausschreitungen gegen Teilnehmer der Demonstration „Gegen Antizionismus und Terror“ in Essen. Scharfe Kritik an der Polizei äußert auch der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag, Armin Laschet.
Die aufgeheizten Demonstrationen in der Innenstadt werden auch bundesweit diskutiert. Angesichts von verunglimpfenden Plakaten wie „Kindermörder Israel“ oder Hitler-Rufen wird die Stadt in Internetforen als Hochburg der Antisemiten betitelt. So werden auf Twitter „Antisemitismus und Essen“ zu dem Schlagwort #Antisemessen zusammengefasst. Dazu läuft auf dem Kurznachrichtenportal eine emotionale Diskussion.
„Wenn Holocaust-Leugnung zum Standard wird. . .“ kommentiert da ein Schreiber; wohl in Anspielung auf Slogans wie: „Angeblich früher Opfer, heute selber Täter“. Eine andere Kommentatorin ergänzt: „Die Konsequenz, mit der die Menschen von der Linksjugend die Augen vor Antisemitismus verschließen, macht mir Angst.“ Während die Bundes-Linke erklärte, sie sei über die Vorfälle „beschämt“, zeigten die NRW-Linken keine Selbstkritik.
"Und der Staat guckt tatenlos zu"
„Schockiert und bestürzt“ reagiert der Zentralrat der Juden auf die Auswüchse bei Pro-Palästina-Demos, auch in Essen. Der Zentralratsvorsitzende Dieter Graumann spricht von einer „Explosion an gewaltbereitem Judenhass“. Denjenigen die auf das Demonstrationsrecht hinweisen, erwidert er: „Meinungsfreiheit ja – Volksverhetzung nein und niemals!“
Deutliche Worte findet auch das Duisburger Bündnis gegen Antisemitismus, das die Pro-Israel-Kundgebung mit organisiert hatte. „Ein antisemitischer Mob marschierte zu unserer Kundgebung.“ Frühzeitig habe man die Polizei um mehr Schutz gebeten – vergeblich. Der grüne Ratsherr Ahmad Omeirat, der beide Kundgebungen verfolgte, hat das anders beobachtet. „Die Polizei war die ganze Zeit lang Herr der Lage.“ Wohl habe es Versuche gegeben, Polizeiketten zu durchbrechen: „Die Beamten reagierten mit klaren, teils mehrsprachigen Ansagen – und die Jugendlichen zogen schließlich davon.“
Scharfe Kritik an der Polizei äußert dagegen der Vorsitzende der CDU-Fraktion im Landtag, Armin Laschet: „Bei aller, teils nachvollziehbaren Kritik am Vorgehen Israels im Gazakonflikt, ist es unerträglich, wenn hier im Land unter dem Deckmantel einer Friedensdemo offen der Hitlergruß gezeigt und lautstark ‚Tod den Juden‘ skandiert wird; und der Staat guckt tatenlos zu.“ Der Innenminister müsse sich fragen lassen, ob die Polizei angemessen reagiert habe.
Polizei Essen will "weitere Strafverfahren einleiten"
Einstweilen äußerte sich die örtliche Polizei erneut zu den Vorgängen am Freitag: Anders als zunächst von ihr berichtet, habe es bei der Demonstration zwei leichtverletzte Polizeibeamte gegeben. Genauer auswerten will man nun auch die gefertigten Foto- und Videoaufnahmen – „um weitere Strafverfahren einzuleiten“. Im Zentrum der Ermittlungen stehe das Rufen von antisemitischen Parolen und das Zeigen von verbotenen Symbolen.
Erste Berliner twittern nun: „Liebe Menschen in Essen, passt auf euch auf – in Gedanken bei euch.“