Essen.. In alten Bergbaukarten aus dem 19. Jahrhundert sind entlang der Überruhrstraße sechs Förder- und Wetterschächte der „Zeche Gewalt“ eingezeichnet. Einer wird unmittelbar unter einem Wohnhaus vermutet, ein zweiter auf der Straße daneben. Jetzt haben sie dort in zehn Meter Tiefe einen Hohlraum entdeckt.
Die Suche nach gefährlichen Bergbauschächten aus dem 19. Jahrhundert in der Überruhrstraße hat eine dramatische Wendung genommen. Die Gördemanns, Bewohner des Grundstücks Nummer 45/Ecke Eigenstraße, haben ihr Haus am Montag auf Dringen der Behörden verlassen müssen. „An der Hausecke haben wir einen kleinen Tagesbruch mit einem Durchmesser von 1,50 Meter festgestellt und schon verfüllt“, berichtet Peter Hogrebe, Leiter der Abteilung Altbergbau der Bezirksregierung Arnsberg dieser Zeitung. „Bei der Räumung des Wohnhauses handelt es sich um eine reine Vorsichtsmaßnahme, Schäden gibt’s nicht.“
Weitaus beunruhigender klingen die Bohrergebnisse aus der Eigenstraße, die von der Überruhrstraße abzweigt. „In zehn bis fünfzehn Metern Tiefe haben wir bei einer Bohrung einen Hohlraum festgestellt“, fügt Hogrebe hinzu. Die Ausmaße: noch unbekannt.
Ein Befund, der deutlich abweicht von denen beim „Problemschacht“ unter der A40, der zur wochenlangen Sperrung der Hauptschlagader in Fahrtrichtung Bochum führte. Dort waren in der gut 160 Jahre alten Schachtsäule „nur“ Lockermassen gefunden worden. Ähnlich wie beim „Problemstollen“ am Hauptbahnhof mit seinen lockeren Flözen mussten die Zwischenräume unter der A40 mit einem flüssigen Spezialgemisch aus Kalksteinmehl, Zement und Wasser verpresst werden.
Zeitpunkt der Rückkehr steht noch nicht fest
Trotz der aufwändigen Präzisionsbohrungen in der Überruhrstraße, wo in historischen Bergbaukarten ein halbes Dutzend alte Schächte eingetragen sind, ergeben die jüngsten Bohrungen nach Hogrebes Angaben „eine ziemlich diffuse Lage mit einem geologisch sehr gestörten Bild.“ Fest stehe: Der zirka fünf Meter große Hohlraum unter der Eigenstraße müsse rasch verfüllt werden. Zuerst hatten sie vor, durch dickere Rohre Beton hineinzupressen. Doch das wäre aufwändig und zeitraubend. Deshalb wird das Spezialzementgemisch nun mit feinem Kies angereichert.
Die Hausbewohner tragen die unerwartete Räumung einigermaßen mit Fassung. „Meine Frau und ich sind vorübergehend privat untergekommen, meine Mutter wurde in ein Hotel einquartiert“, berichtet Ralf Gördemann. Wann sie wieder zurück dürfen, steht noch nicht fest.