Essen. . Schon am frühen Abend hatte das Werdener Pfingst-Open-Air seine Kapazitätsgrenze erreicht. Sommerwetter, Chart-Bands und das idyllische Flair an der Ruhraue lockten Besucher in fünfstelliger Zahl an. Und wenn es nach Zuschauern und Machern geht - dann wird das auch künftig so bleiben.
Die Ruhr plätschert, die Sonne scheint, die Bässe dröhnen. Frei nach dem altbekannten Motto „umsonst und draußen“ erlebten die Werdener Ruhrauen gestern nach monatelangem finanziellen Zittern und Bangen der Organisatoren ein Pfingst-Open Air wie aus dem Bilderbuch. Bei knapp 30 Grad und Sonnenschein erreichte das Festivalgelände im Löwental bis zum frühen Abend bereits das Limit von 13.500 Besuchern. Zum 32. Mal startete das Ruhrgebiet mit dem Werdener Musikfestival in den Sommer. Im Vergleich zur Schlammschlacht im vergangenen Jahr, wurden gestern die Regenschirme zum Sonnenschutz umfunktioniert.
Und die zum Schnäppchenpreis von einem Euro verkauften Wasserflaschen landeten auch schon mal im Nacken des nächststehenden Festival-Kollegen. Selbst von der Ruhrpott-Punkrockband „Leitkegel“ schallte es zur Mittagszeit über die Bühne „Schön eincremen, liebe Leute. Sonnenbrand ist nix...“. Auf ihren bunten Handtüchern und Decken boten die mit Frisbee und Boccia bewaffneten Festivalbesucher ein Freibadflair, bei dem sich Jung und Alt wie auch Rock- und Elektropop-Besucher mischten. Der Duft nach Gras - in doppeltem Sinne - tat sein Übriges zum waschechten Festivalflair. Und das alles „für umsonst“. Naja fast. Allein „Baden und Wildpinkeln“ kostete im Fall des Falles 40 Euro.
Frisch, mitreißend, tanzbar
Als „frisch, mitreißend und tanzbar“ beschreibt Mitorganisator Marcus Kalbitzer die Musik-Acts auf den zwei Bühnen. Von Rock über Pop bis hin zu Clubklängen ist die Mischung breit. Die Top-Acts in diesem Jahr: MC Fitti, der kürzlich schon die Zeche Carl füllte sowie die Mighty Oaks, die derzeit in den Radio-Charts mitmischen. „MC Fitti ist schon ´ne Macht und auch die Mighty Oaks bewegen viele Leute“, erklärt Kalbitzer.
Es hat Kultfaktor, das Werdener Pfingstopenair. Mit seinen 32 Jahren hat es mehr Jahre auf dem Buckel als der Großteil seiner Besucher, die aber nur selten das erste Mal dabei sind. „Ich bin schon mindestens zum dritten Mal hier“, erzählt Niklas. „Das ist einfach eine coole Mischung von entspannten Leuten und eine schöne Location“, sagt der 21-Jährige. Patricia ist mit ihren zwei Freundinnen zufällig auf einer Fahrradtour am Festivalgelände hängen geblieben und hat es sich bei Pommes und Radler auf der Wiese bequem gemacht. Michael ist dem Open-Air schon seit fast 10 Jahren treu und immer in der Nähe der idyllisch in einer Baumlichtung direkt am Ufer gelegenen „Dancefloor“-Bühne zu finden. „Elektronische Musik unter freiem Himmel, das ist einfach cool“, sagt der Bochumer. „Super finde ich auch, dass es tagsüber ist, wenn ich morgen wieder arbeiten muss“.
Eintrittsgeld soll es weiterhin nicht geben
Einig sind sich bei aller Begeisterung aber fast alle Besucher, dass mit einem Eintrittsgeld ein großer Reiz verloren gehen würde. Dem stimmt auch Kalbitzer vom Rockförderverein Essen zu, der zusammen mit seinem Team alle möglichen Szenarien diskuiert hat, als zwischenzeitlich unklar war, ob die Finanzierung für das Festival platzt. „Ein Eintrittsgeld wäre für diese Veranstaltung ein Genickbruch“, erklärt Kalbitzer. „Die Gema-Gebühren würden in die Höhe schießen und wir müssten mit anderen Festivals in Konkurrenz treten.“ In diesem Jahr hat im letzten Moment noch die Sparkasse Essen die Finanzlücke von 20.000 Euro geschlossen. Die insgesamt 130.000 Euro kommen aus Töpfen von RWE, dem Rockförderverein und der Stadt.
Marcus Kalbitzer würde sich im nächsten Anlauf von letzterer etwas mehr Unterstützung erhoffen. „Immerhin ist dieses Festival mittlerweile für Essen ein jugendkulturelles Aushängeschild“, so der stellvertretenden Vereinsvorsitzende. „Und im Sinne der kulturellen Vielfalt ist es ein Raum für Musikinteressierte jenseits der Etatkultur.“ Zunächst einmal müsste man aber sehen, mit welchen Zahlen das Open Air in diesem Jahr von der Wiese geht. „Es ist wirklich schwierig geworden, dieses Event zu organisieren. Wir müssen sehen, was die Zukunft bringt“, so der Mitorganisator.
Am Abend musste das Festival allerdings aufgrund der schweren Unwetter abgebrochen werden.