Essen. Vor 120 Jahren zogen 30 Männer des Gas- und Wasserwerkes mit einem bespannten Mannschaftswagen in die erste Feuerwache auf der Brandstraße 3. Auf das seitdem Erreichte ist die Berufsfeuerwehr stolz. Besonders darauf, dass Roboter ihren anstrengenden und gefährlichen Job nicht zu ersetzen vermögen.

Die Hauptfeuerwache an der Eisernen Hand. Jeden Mittag um Punkt 13 Uhr spielt sich auf dem Hof dasselbe Ritual ab. Eines, das seit nunmehr 120 Jahren buchstäblich eine runde Sache ist: Feuerwehrmänner und Rettungssanitäter, Zugführer und Brandmeister bilden bei der Wachübergabe einen großen, sehr präzisen Kreis und sind ganz Ohr. „Der Dienstplan wird verlesen“, sagt Feuerwehrdirektor Ulrich Bogdahn. Der Stolz ob so viel Tradition ist unübersehbar.

120 Jahre – genau so lange besteht die städtische Berufsfeuerwehr. 30 Männer des Gas- und Wasserwerkes zogen am 1. April 1894 als „Hydrantenkorps“ mit einem bespannten Mannschaftswagen in die erste Feuerwache auf der Brandstraße 3 direkt neben dem alten Rathaus.

Nun, Brandwehr hatte es in Essen seit Menschengedenken immer gegeben, bis dahin allerdings nur freiwillig. Aber weil sich die einstige Ackerbürgerstadt mit seiner stürmisch wachsenden Gussstahlfabrik binnen kurzer Zeit in ein riesiges Häusermeer verwandelt hatte, musste ein „stehendes“, also ständig einsatzbereites Heer an Feuerwehrleuten her. Eines, das im Laufe von zwölf Jahrzehnten auf fast 730 Männer und sieben Frauen angewachsen ist.

Ohne große Sause

Eine große Sause wie zum Hundertjährigen (zwei Abende in der Grugahalle mit Big Band und Buffet) haben sie bei diesem „ungeraden“ Jubiläum nicht geplant. „Erst in fünf Jahren zum 125-jährigen Bestehen wird wieder groß gefeiert“, verspricht Pressesprecher Mike Filzen.

Statt zu feiern besinnen sie sich in diesen Tagen lieber auf das seit 1894 Erreichte. Und das könne sich durchaus sehen lassen, findet der Feuerwehrchef. Glücklich sind sie über die strategisch günstige Lage der Hauptfeuerwache, die 1966 von der Gildehofstraße zur Eisernen Hand umzog. Bogdahn: „Sie liegt mitten in der Stadt, da können andere Großstädte nur von träumen.“ Diese Zentralität wird abermals gestärkt, wenn in ein paar Jahren hinter dem modernen Lage- und Logistikzentrum („eine der modernsten Leitstellen Deutschlands“) das neue Ausbildungszentrum bezogen wird.

Ständiges Modernisieren und Aufrüsten ist für die Essener Feuerwehrleute enorm wichtig – Traditionspflege aber auch. „Wir sind die einzige Feuerwehr in Deutschland, die noch einen vollständigen Krupp-Löschzug besitzt“, sagt Bogdahn und zeigt auf den aufwändig restaurierten und prachtvoll lackierten „Tro-TLF 16“ (Diesel-Zweitakter, 3 Zylinder) von 1963. Ein Löschfahrzeug und eine Drehleiter komplettieren diese Krupp-Rarität.

Feuerwehr ist seit jeher beliebt. Weil sie Brände löscht und Leben rettet. Doch der Respekt, der den Uniformierten heute entgegengebracht wird, ist längst nicht mehr derselbe wie früher. „Das Anspruchsdenken ist spürbar gewachsen“, findet Ulrich Bogdahn, und, ja leider, der Bürger sei zunehmend unselbstständig.

17 Meldestellen zum Start im Jahr 1894

Als das „Hydrantenkorps“ 1894 aufgestellt wurde, richtete die Stadt 17 Meldestellen ein – bei jenen Essenern, die damals einen privaten Fernsprecher besaßen. Heute beschleunigen Satelliten-Navigation, Mobiltelefone und das Internet die Blaulichtfahrten. „Doch bei allem technischen Fortschritt ist Feuerwehr immer noch Hände Arbeit geblieben“, sagt Ulrich Bogdahn. Und eher ein Männerjob. Mike Filzen: „Einen Roboter, der mitten in der Nacht einen Patienten aus dem fünften Stock herunterholt, den gibt’s immer noch nicht.“