Essen. Aufbruchsignale auf der einstigen Prachtstraße in Essen: Ein Privatmann richtet sich im Penthouse ein. Becker Einrichtungen beleben die traditionelle Möbelmeile wieder und auch gastronomisch tut sich etwas.

Vielleicht würden manche Paul Jüngst beneiden, andere würden vielleicht auch den Kopf schütteln. Der 60-Jährige hat sich ein Haus an der Huyssenallee gekauft und ist von Düsseldorf dorthin gezogen. Nun ist die Huyssenallee als Wohnstraße bislang noch keine Top-Adresse. Aber den Blick aus seiner Penthouse-Wohnung, die sich Jüngst dort auf dem Dach eingerichtet hat, den findet man in Essen nicht so schnell wieder. Direkt gegenüber von Philharmonie und Sheraton schaut Jüngst in den Stadtgarten. „Ich habe die optimale Lage erwischt“, sagt er.

Die Nähe zu Rüttenscheid und zur City, die gute Anbindung an die U-Bahn und die ruhige innerstädtische Lage, all das waren Kriterien, warum er sich für die Immobilie entschied. Die Entwicklung in seinem Haus hat ihm Recht gegeben: Die unteren Büro-Etagen sind alle komplett wieder vermietet.

Jüngst ist ein Beispiel dafür, dass der herbeigesehnte Wandel an der Huyssenallee langsam in Gang kommen könnte, auch weil sich große Fonds von den Immobilien trennen und private Eigentümer zum Zuge kommen. Jüngst’ Haus gehörte einer Frankfurter Immobilienholding. Das Objekt aus den 60ern war „gelinde gesagt schlecht bewirtschaftet“, sagt er. Aber die Bausubstanz sei gut, so dass sich die Investitionen mit einer halben Million Euro noch in Grenzen hielten.

Makler: Es gibt eine positive Tendenz

Jüngst ist nicht der einzige neue Hausbesitzer an der Huyssenallee. Auch ein Gebäude neben dem RWI-Haus soll an einen Essener Privatmann verkauft worden sein. Und auch dort sollen Investitionen anstehen, die das Haus aufwerten.

Einer, der die Entwicklung der Huyssenallee seit vielen Jahren im Blick hat, ist Immobilienmakler Eckhard Brockhoff. „Ja, es gibt eine positive Tendenz“, sagt er. Euphorisch klingt das zwar noch nicht. Zu groß sind vor allem noch die Leerstände in den Büroetagen vieler Häuser. Aber die Vermietung der Ladenlokale funktioniere mittlerweile gut, sagt Brockhoff. Sein jüngster Vermietungs-Coup dürfte ebenfalls den oberen Teil der Huyssenallee aufwerten: das Einrichtungshaus Becker zieht im Sommer vom Limbecker Platz an die Huyssenallee und führt an der Stelle, wo früher Belker und Blennemann saßen, die Tradition der hochwertigen Möbelmeile wieder ein. Weil sie im GfKL-Haus die letzten Mieter gewesen wären, suchte Inhaberin Caroline Becker nach neuen Räumen. „Wir haben unsere Kunden gefragt, wo sie uns denn sehen würden. Und viele haben spontan die Huyssenallee genannt.“ Der Nimbus der Möbelmeile funktioniert noch. Caroline Becker ist aber vor allem überzeugt: „Viele der Essener Kunden erhoffen sich durch unseren Umzug wieder eine Aufwertung der Huyssenallee.“

Neue Cocktailbar und neues Gastrokonzept an der Philharmonie

Gastronomisch zeichnen sich auf der Huyssenallee ebenfalls neue Entwicklungen ab. In den kommenden Wochen soll im Haus Nummer 58-64 der Club „Jeezus“ eröffnen. Initiator Mario Bimmermann beschreibt sein Konzept so: „Wir planen eine anspruchsvolle Cocktailbar im Erdgeschoss. Am Wochenende werden auch die Kellerräume bespielt. Unser Anspruch ist ein künstlerischer, das wird hier kein reiner Club.“ Grundsätzlich, so Bimmermann, wolle man die gastronomische Lücke zwischen Innenstadt und Rüttenscheid wieder füllen.

Hoffnungen auf eine Belebung sind derzeit auch mit dem Namen Nelson Müller verbunden. Der Sternekoch will wie berichtet das Restaurant „Wallberg“ im Saalbau übernehmen. Ihm schwebt dort ein Mix aus seinen diversen unternehmerischen Standbeinen vor: Fine Dining, ein Bistro, Bar, Kochschule, Veranstaltungen. Die Stadt hat den Zuschlag noch nicht erteilt, aber Müller werden unter den Bewerbern gute Chancen eingeräumt. Das neue gastronomische Konzept in der Philharmonie sieht auch eine Öffnung hin zur Huyssenallee vor, heißt es seitens der Stadt.