Essen. . Das sieben Monate alte Mädchen Marni hat einen Teil der Leber ihrer Mutter erhalten. Die Lebendspende war nötig, weil Marnis Zustand deutlich schlechter wurde. Die Ärzte in der Uniklinik wollten zunächst abwarten und für die kleine Marni nach einem Spenderorgan eines Verstorbenen suchen.

Der Fall machte in den letzten Tagen Schlagzeilen: Ein sieben Monate altes Baby ist schwer krank, seine 25-jährige Mutter will ihm einen Teil der eigenen Leber spenden. Die behandelnden Ärzte in der Essener Uniklinik wollten zunächst abwarten und für die kleine Marni nach einem Spenderorgan eines Verstorbenen suchen, bevor man die gesunde Mutter des Kindes einer solchen Operation unterzieht. Am Donnerstag aber entschlossen sich die Ärzte doch zu dem Eingriff, der geglückt sein soll.

Zuvor hatte sich der Zustand des Kindes kontinuierlich verschlechtert, so dass den Medizinern keine Wahl mehr blieb: Marnis Mutter Chantal sollte spenden, um das Leben der Tochter zu retten. „Es stand kein postmortales Spenderorgan bereit. Daher war eine Leber-Lebendspende erforderlich“, sagt Prof. Eckhard Nagel, Transplantationsmediziner und Ärztlicher Direktor des Uniklinikums.

Denn: Die Gallenwege des Babys waren verstopft, die Gallenflüssigkeit konnte nicht abfließen, was die Leber des Kindes schädigt. Nagel: „Die Leberzellen werden dadurch zerstört.“ Bei der kleinen Marni ein angeborener Defekt.

Die nun erfolgte Operation von Mutter und Kind ist weder für die Chirurgen noch für die Patienten leicht: Zunächst musste der Mutter ein Teil der Leber entfernt werden, der aber in den darauf folgenden Monaten bei ihr wieder nachwachsen wird. Die Durchblutung des entnommenen Leberteils muss während der OP die gesamte Zeit einwandfrei sein, damit die Transplantation gelingen kann. „Eine chirurgische Herausforderung, die einer sorgsamen Vorbereitung bedarf“, wie Prof. Nagel erklärt.

Auch die Ärztekammer Nordrhein stimmte zu

Eine Lebendspende, wie sie Marni erhalten hat, wird in Deutschland nur durchgeführt, wenn kein geeignetes Spenderorgan eines Verstorbenen zur Verfügung steht und der Zustand desjenigen, der auf ein Organ wartet, kritisch ist.

Am Essener Uniklinikum hat daher die Transplantationskonferenz, die aus Experten wie Chirurgen, Kinderärzten, Internisten, aber auch Fachleuten für Psychosomatik besteht, der Lebendspende für das Baby zugestimmt. Ihre notwendige Zustimmung gab auch die Kommission „Transplantationsmedizin“ der Ärztekammer Nordrhein.

Nach dem Eingriff am Donnerstag kann er Freitag erst einmal Entwarnung geben: „Die Operation von Marni ist gut verlaufen, das Kind hat einen Teil der Leber der Mutter erhalten.“ Nun benötigten beide Ruhe und Erholung: „Bei einer Leber-Lebendspende handelt es sich sowohl für den Spender als auch für den Empfänger um einen größeren Eingriff.“

Nagel versichert, dass Marni – wie die anderen in Essen behandelten Kinder auch – durch das neue Organ eine gute Chance hat, zu überleben. „Ein Jahr nach einem solchen Eingriff leben 70 bis 90 Prozent dieser Kinder. Das ist eine exzellente Erfolgs-Chance.“

Das Baby wird nach der Operation noch mindestens vier bis sechs Wochen im Krankenhaus bleiben müssen. Zeitlebens wird Marni wie ein Erwachsener, der ein Spenderorgan bekommen hat, Medikamente einnehmen müssen. Mittel, die die Immunabwehr eines Menschen unterdrücken – um zu verhindern, dass das lebensrettende Organ wieder abgestoßen wird.

In jüngster Zeit half das Uniklinikum jährlich 20 bis 25 Patienten wie Marni; es gilt damit als größtes Kinder-Lebertransplantationszentrum in Deutschland. Und häufig waren die Eltern die Lebensretter. Denn wie sagt Nagel: „Leider ist die Organspende-Bereitschaft hierzulande nicht hoch genug.“