Essen. Walter Levy stellte sich den Fragen der Schüler. Der 36-Jährige ist stolz darauf, dass die außergewöhnliche Lebensgeschichte seiner politisch engagierten Urgroßmutter wach gehalten wird.

Es ist eine Geschichtsstunde der etwas anderen Art, die die Klasse 8f der Frida-Levy-Gesamtschule erlebt. Statt des Klassenlehrers steht Walter Levy, Urenkel der Namensgeberin, vor ihnen. Statt Fragen zu beantworten, dürfen die Schüler Fragen stellen. Und das tun sie: Zwar etwas schüchtern aber gründlich versuchen sie herauszufinden, was Walter Levy über das Leben seiner jüdischen Urgroßmutter weiß, wie er zu Deutschland und zu seiner Familiengeschichte steht.

Die ist geprägt von Verfolgung, Vernichtung und Emigration aber auch von politischem und sozialem Engagement. Ist das keine schwere Last für Walter Levy, der in Schweden, dorthin, wo sein Großvater Berthold flüchtete und ein neues Zuhause fand, in Freiheit und Frieden aufwuchs? „Als ich erfahren habe, dass meine Urgroßmutter von den Nationalsozialisten erst vertrieben und dann ermordert wurde, war ich sehr traurig und habe lange darüber nachgedacht, was es bedeutet, Flüchtling zu sein. Ein Thema, dass leider immer noch in unserer Welt allgegenwärtig ist.“ Mit seinem Großvater hat er nur selten über die Zeit in Deutschland gesprochen. „Aber ich weiß, dass er sich sehr für die Themen Vertreibung und Flucht stark machte und Mitglied bei Amnesty International war.“

Lehrer veröffentlichten Biografie über Frida Levy

Mit dem außergewöhnlichen Leben und Wirken seiner Urgroßmutter, einer entschlossenen Kämpferin für Toleranz, Freiheit und Emanzipation, die 1942 von den Deutschen nach Riga deportiert und ermordet wurde, hat sich der Fondsmanager erst später auseinandergesetzt. Initialzündung war tatsächlich die Namensgebung der ehemaligen Gesamtschule Essen-Mitte vor 13 Jahren.

Damals hat Walter Levy gemeinsam mit Verwandten auf Einladung der Schule die Stadt seiner Vorfahren zum ersten Mal besucht. Was er mitnahm, war das Gefühl des Stolzes darüber, „dass die Schule nicht nur das Andenken meiner Urgroßmutter wach hält, sondern den Schülern auch die Werte, für die sie kämpfte und eintrat, vermittelt“. Im Gepäck hatte Levy aber auch eine Biografie über ihr Leben, veröffentlicht von Lehrern der Schule. „Ich muss zugeben, dass ich erst durch Eure Schule mehr über Frida Levy erfahren habe.“

Natürlich darf auch die Frage über Religion und Judentum nicht fehlen. Zum Erstaunen der Schüler erzählt Walter Levy, dass die Religionszugehörigkeit in seiner liberalen Familie noch nie eine Rolle gespielt hat. „Das stand nur auf dem Ausweis, mehr nicht.“

Bis in den Nachmittag bleibt Levy und verspricht zum Abschied, wiederzukommen. Vielleicht bringt er dann seinen Sohn Viktor mit, den Ururenkel von Frida Levy.