Warum die Messe auf ewig mit beengten Verhältnissen lebt
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Essen. Als die Messe Essen vor rund 100 Jahren gegründet wurde, da war kaum vorstellbar, dass die Ausstellungsfläche irgendwann einmal an räumliche Grenzen stoßen würde. Auch wenn die Bürger am 19. Januar beim Entscheid für die geplante Modernisierung stimmen, muss die Messe damit leben, dass auch künftig Veranstaltungen abwandern.
Vor 100 Jahren hätten es sich die Gründer der Messe Essen wohl kaum vorstellen können, dass es in diesem Teil der Stadt mal eng werden würde. Von Rüttenscheid in Richtung Südwesten dehnte sich nichts als dünn besiedeltes Bauernland mit Feldern, Bachtälern und kleinen Wäldern. Platz satt für eine wachsende Ausstellungsgesellschaft, so schien es jedenfalls, und lange stimmte es ja auch.
Aber mit der Messe wuchs auch die Stadtlandschaft mit Parks und Straßen, Wohn- und Gewerbegebieten. In den 1980er Jahren, die für die Messe eine prächtige Wachstumsdekade waren, wurden dann zunehmend stärker die Grenzen des nicht sehr breiten Geländestreifens zwischen Grugapark und Norbertstraße spürbar - und an diesem Thema knackt die Messe bis heute. Es ist letztlich die Ursache vieler Probleme, auch wenn es beim Bürgerentscheid ausdrücklich nicht darum geht, diese Grenzen zu sprengen.
Selbst ein Umzug an den Stadtrandstand stand schon mal zur Debatte
Begrenzt ist nicht nur der Ausstellungsbereich, ebenso die Messe-Logistik und der parkende Verkehr, für den es nie einen großen Wurf gab und wegen der Raumnot wohl auch nicht geben konnte. Vor der letzten großen Messe-Erweiterung gab es deshalb eine von der FDP angestoßene Diskussion, ob man die Messe Essen nicht nach dem Beispiel anderer Messestädte großzügig am Stadtrand neu bauen sollte, statt weiter Geld in Rüttenscheid zu investieren.
Der kühne Vorstoß versandete - wegen der Kosten, aber auch, weil sich kein Ersatzgelände anbot und sich das Konzept der „Kompaktmesse“ gut mit einem innerstädtischen Standort vertrug. Allen Problemen zum Trotz gilt es noch heute als eines der großen Standortvorteile der Messe Essen, dass sie nicht auf der grünen Wiese liegt, sondern mitten in der Stadt. Rüttenscheid zumindest profitiert davon, leidet andererseits aber auch am Messeverkehr.
Bei fünf internationalen Großmessen ist die Vollauslastung erreicht
Zurzeit hat die Messe eine überdachte Fläche von 110 330 Quadratmetern, inklusive der drei Congresscenter und und der Grugahalle. Bei fünf internationalen Großmessen - „Motorshow“, „Techno Classica“, „Equitana“, „IPM“ und „Schweißen und Schneiden“ - ist Vollauslastung erreicht, die Security und die Reifen belegen drei Viertel der Fläche.
Viel mehr wird’s auch dann nicht, wenn die Messe am 19. Januar das Okay für die Modernisierung bekommen sollte. Die reine Hallenfläche wird sogar um 800 Quadratmeter kleiner. Da aber die Doppelstockhallen 6, 7, 8 und 9 ersetzt werden durch moderne Hallen mit nur einem Geschoss, hat die Messe nach eigenen Angaben durch den Wegfall störender Bauteile wie Säulen und Treppen faktisch dennoch mehr Platz für Aussteller zur Verfügung.
Hier mag mancher stutzen: Aus zwei Geschossen wird eins, und das ohne nennenswerte Flächenverluste? Dieser Kunstgriff gelingt nur, weil die nördliche Hälfte des Geländes völlig neu sortiert wird.
Hochzeitsmesse in Essen
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Gerade die billigen Hallen würden von kleinen Firmen gebucht
Doch was ist eigentlich so schlimm an den Doppelstockhallen, außer dass sie unmodern sind? Die Skeptiker der Modernisierungs-Pläne sagen zu Recht, gerade diese billigen Hallen würden gerne gebucht von kleinen Firmen, die sich nur diese Plätze leisten können. Der Messe sind die Erträge aber wohl zu gering. Betriebswirtschaftlich ist die kostbare Fläche schlecht genutzt.
Tatsache ist und bleibt: Die Messe Essen muss auch künftig damit leben, dass Messen abwandern, die aus dem 100 000-Quadratmeter-Format herauswachsen. So war es 1991 mit der „Entsorga“, 1992 mit der „Blech“, 1994 mit der „Caravan“, und 2012 mit „Aluminium“ und „Fibo“.
Mit der Neubebauung des Grugastadion- und Festwiesengeländes auf der anderen Seite der Norbertstraße hat die Messe ihre strategische Flächenreserve verloren. Die andere Möglichkeit, der Übergriff in Richtung Gruga, ist nun schon mehrfach gescheitert. Folge: Die Messe kann nur ihr angestammtes Gelände so effektiv nutzen wie möglich. Und genau darum geht es jetzt.
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