Essen. . Gastwirte in NRW beklagen bis zu 50 Prozent weniger Umsatz durch das Rauchverbot. Auch die Branche in Essen spürt den Einbruch. Für manche Wirte ist das Nichtraucherschutzgesetz ein “riesiges Problem“. Die Kneipenbesitzer ziehen eine erste Bilanz nach acht Monaten.
Das erste Jahr ohne Aschenbecher auf den Kneipentischen von NRW ist zu Ende gegangen. Seit acht Monaten ist auch Essen qualmfrei. „Für uns ist das ein riesiges Problem“ sagt Joachim Brand von der Innenstadtkneipe Pupasch. „Unsere Gäste sind zu 80 Prozent Raucher. Die kommen jetzt entweder später und trinken weniger“, so der Geschäftsführer, „oder sie bleiben direkt zuhause“.
Ein Drittel der Gäste stehe seit dem Rauchverbot außerdem mit der Zigarette vor der Tür, „und drinnen wirkt es total leer“, sagt Brand. Zehn bis zwölf Prozent Einbußen habe das Rauchverbot seiner Kneipe bisher schon beschert. „Mit Gema-Abzocke, Strompreiserhöhung und Mindestlohn kommt da ein Hunderter zum nächsten“, sagt Brand.
Wolfram Hosfeld von der „Drehscheibe“ in Rüttenscheid schätzt den Umsatzeinbruch auf etwa 15 Prozent. Durch das Rauchverbot habe er außerdem mit ganz anderen Problemen zu kämpfen. „Es kam immer wieder vor, dass Leute zum Rauchen raus gegangen und dann ohne zu bezahlen abgehauen sind“, erzählt Hosfeld. „Jetzt lassen wir nur noch unsere Stammkunden ohne Rechnung nach draußen“. Alle anderen müssen sich für jede Zigarette mit ihrer Verzehrkarte am kleinen Kassentischchen anstellen.
Raucher sorgen für Ärger mit den Nachbarn
„Wir hatten zwischendurch mal versucht, die Raucher auf dem Innenhof unterzubringen“, sagt Hosfeld. Doch das gab Ärger mit den Nachbarn, „Wenn die Leute betrunken sind, sind sie einfach zu laut“, so der Mitarbeiter der „Drehscheibe“. Spannend würde es jetzt erst im Winter. „Wir haben keine Überdachung vor der Kneipe. Es kann gut sein, dass noch mehr Raucher zu Hause bleiben, wenn es erst richtig kalt ist und regnet“, sagt Hosfeld.
Reiner Spenke vom Deutschen Hotel- und Gaststättenverband (Dehoga) malt die Lage für Wirte und Kneipenbesitzer seit dem Rauchverbot sogar noch dramatischer. Eine Umfrage unter Gastronomen vor zwei Monaten habe einen Umsatzrückgang von 50 Prozent ergeben. 99 Prozent davon seien auf das Rauchverbot zurückzuführen.
Engin Kuruoglu von der Temple Bar am Salzmarkt hat zudem immer wieder das Problem, dass sich die Gäste über das Rauchverbot hinwegsetzen. „Manchmal müssen wir mehrmals darum bitten, dass die Zigarette wieder ausgemacht wird“, so Kuruoglu. Obwohl sie schon seit 2011 rauchfrei sind, werde immer noch viel gemeckert. „Gerade durch das neue Gesetz fühlen sich viele der Raucher noch einmal zusätzlich provoziert“, sagt der junge Gastronom.
Mehr Familien unter den Gästen in Essen-Rüttenscheid
Doch nicht alle Essener Wirte scheint das Rauchverbot hart getroffen zu haben. „Wir haben sogar einige Gäste dazu gewonnen“, sagt Daniel Bischoff vom Gasthaus „Brenner“ in Rüttenscheid. Gerade Familien mit Kindern seien noch häufiger zu Gast, seit sein Haus komplett rauchfrei ist.
Am härtesten treffe das Rauchverbot die kleinen Eckkneipen in Vororten“, sagt Spenke vom Dehoga. „Die bieten ihren Gästen nur einen sehr begrenzten Rahmen. Geldspielautomaten, Bier und Schnaps an der Theke – und dazu gehörte eben auch immer noch die gemütliche Zigarette“, sagt Spenke. Von vielen Kneipenbesitzern habe er die Rückmeldung bekommen: „Wir machen die Weihnachtszeit noch mit, aber dann ist Schluss.“
Andere warteten noch, bis der Pachtvertrag ausläuft, sagt Spenke. Auf längere Sicht rechne der Dehoga damit, dass fast die Hälfte der Kneipen in NRW ihre Türen für immer schließen werden. „Aber die Kollegen sind gewohnt zu kämpfen. Die versuchen so lange wie möglich durchzuhalten“, so Spenke.