Essen-Nord.. Polizei-Oberrat Harald Hagen ist neuer Leiter der Polizei im Essener Norden. Ein Gespräch über einen „spannenden und großen Bereich“, in dem etwa Bandidos und libanesische Großfamilien zuhause sind. “Der Essener Norden ist schon irre“, sagt der 56-Jährige und erklärt, warum man im Stadtnorden leichter kriminell wird.
Wer sich mit Harald Hagen unterhält, erlebt einen lebendigen und lustigen Zeitgenossen. „Ich bin gebürtiger Mainzer, meine Initialen sind HH. Ich habe das Grinsen im Gesicht und Spaß am Leben“, sagt der Polizei-Oberrat. Seit kurzem ist der 56-Jährige als Nachfolger von Klaus-Peter Netz Chef der Polizei im Essener Norden, die sich mit ihren Wachen in Katernberg, Altendorf, Altenessen und Borbeck um die Sicherheit von 220.000 Bürgern kümmert.
Herr Hagen, Polizeichef im Norden: Das klingt nach viel Arbeit. Ist Ihnen das Lachen schon vergangen?
Harald Hagen: (lacht) Nein. Es ist viel Arbeit. Und der Norden ist negativ behaftet. Aber es ist eine wunderbare Herausforderung in einem spannenden und großen Bereich. Ich habe im Süden und im Norden gearbeitet, wohne in der Mitte, kenne also alles. Der Norden ist schon irre. Die Menschen sind einzigartig, herzlich, haben eine offene Art.
Wo sehen Sie weitere Unterschiede zwischen Norden und Süden?
Hagen: In den Problemen. Zugespitzt: Im Süden haben sie mehr Aussichten. Da ist es leichter, nicht kriminell zu werden. Im Norden sind viele Menschen finanziell und bildungstechnisch nicht so gut gestellt, ihnen fehlen Perspektiven. Durch die vielen unterschiedlichen Kulturen fehlt zudem manchmal das Verständnis. Es entsteht Reibung.
Was sind die größten Baustellen?
Hagen: In Bergeborbeck der illegale Autohandel. In Borbeck die Bandidos, die sitzen halt dort. In Altenessen die Integration der libanesischen Großfamilien. Und generell die Wohnungseinbrüche. Aber das ist nicht nur ein Essener Problem.
Sie haben schon mal im Norden gearbeitet. Hat sich viel verändert?
Hagen: Gar nicht so viel. Kriminalität und Probleme gab es da auch. Was sich geändert hat, ist die Gewaltbereitschaft gegenüber Mitbürgern und Polizei. Die ist immens gestiegen. Früher brauchte der Schutzmann nur den Finger zu heben. Wenn Sie heute einen Täter stellen, geht es erst richtig los.
Sie wirken nicht wie ein beinharter Law-Order-Typ, sondern setzen offenbar auf Kommunikation.
Hagen: Das stimmt. Aber es muss Grenzen geben. Nicht-soziales Verhalten muss sanktioniert werden. Die Menschen versuchen immer so weit zu gehen, wie es geht.
Eine Welt ohne Verbrechen wird es also nicht geben?
Hagen: Nein. (lacht) Ich habe zwar Visionen, bin aber kein Fantast. Ich will mit meinen Möglichkeiten erreichen, dass sich die Bürger in meinem kleinen Universum sicherer fühlen und die Menschen gut miteinander umgehen.
Wann gehen Sie abends zufrieden nach Hause?
Hagen: Da denke ich nicht an einen gelösten Fall. Sondern an eine Gesprächsrunde mit Mitarbeitern, in der mein Feuer für den Job rüberkommt, ein Wir-Gefühl entsteht, ich Kollegen motiviere und sie merken, dass sie den Beruf gewählt haben, um Menschen zu helfen.