Essen. . Zwei Besucher hielten die komplette, viereinhalbstündige Veranstaltung am Wochenende durch – gelesen wurde das komplette Lukas-Evangelium. Der Text steht auf 58 eng bedruckten DIN-A4-Seiten. Die meisten Gäste kamen entweder später oder gingen früher.

Kennen Sie das? Nach einem 90-minütigen Film im Kino ist man meist froh, wenn man endlich wieder aufstehen kann. Sie wissen schon: die Sache mit der Beinfreiheit... Und jetzt stellen Sie sich vor, stundenlang in einer Kirche zu sitzen. Geht nicht? Doch, geht!

Das beweisen jedenfalls 15 Besucher beim Bibel-Marathon in der Kirche der Gemeinde Zur Heiligen Familie. Rund viereinhalb Stunden lang lesen hier am Samstag fünf Lektoren und Gemeindemitglieder das gesamte Lukas-Evangelium an einem Nachmittag vor. 58 Seiten in DIN-A4-Format. In der Kirche ist es mucksmäuschenstill.

Zwei Zuhörer bestreiten diesen Marathon tapfer von Anfang bis Ende; andere kommen später oder gehen eher. Zur Halbzeitpause gibt es nicht nur Kaffee und Kuchen, man wechselt auch den Standort: von der Kirche ins Gemeindezentrum. Denn Kirchenbänke, so geben selbst die Veranstalter zu, können nach einiger Zeit tatsächlich unbequem werden. „Zudem ist es nicht sonderlich warm in einer Kirche“, sagt Gemeindereferentin Andrea Hurlebusch. Zwar hatten die Organisatoren mit 100 Besuchern gerechnet, aber dass es letztlich insgesamt nur 15 waren, scheint die Stimmung nicht sonderlich zu trüben. „Schön ist es trotzdem“, findet Hurlebusch.

Ein großer Fan des Evangelisten

Wer sich die Lesung des Lukas-Evangeliums anhört, der scheint jedenfalls ein großer Fan des Evangelisten zu sein. „Von allen Evangelien gefällt mir das von Lukas am besten, weil es in einer sehr verständlichen Sprache geschrieben ist und Lukas derjenige war, der die Kindheitsgeschichte so ausführlich erklärte“, begründet Gemeindemitglied Britta Pöllen ihr Kommen.

Zwar wird während der sonntäglichen Gottesdienste auch oft aus dem Lukas Evangelium gelesen, jedoch immer nur einzelne Passagen. Werden die Texte aber an einem Stück gelesen, so bekäme die Geschichte eine ganz andere Dichte. „Die Zuhörer tauchen dann in diese Geschichte ein und werden gefangen“, ist Andrea Hurlebusch überzeugt. Britta Pöllen kann dem nur zustimmen: „Die Worte des Evangeliums wirken auf mich sehr intensiv. Vor allem in dieser ruhigen Atmosphäre hier.“