Essen. Das Inklusionsgesetz ist vom NRW-Parlament beschlossen worden. Auf die Stadt Essen sehen Experten Kosten von über 40 Millionen Euro zukommen. Peter Renzel, Essens Schuldezernent: „Wenn uns das Land nicht unter die Arme greift, werden wir das bestimmt nicht stemmen können.“

Gestern wurde es in Düsseldorf vom NRW-Parlament beschlossen: Das sogenannte Inklusionsgesetz soll am 1. August kommenden Jahres in Kraft treten. Ab dem Schuljahr 2014/15 haben behinderte Kinder damit – auch in Essen – schrittweise einen Rechtsanspruch auf Unterricht in einer Regelschule. Essens Schuldezernent Peter Renzel bemängelt, dass das Gesetz „keine Qualitätsstandards beschreibt“ und betonte gestern gegenüber der WAZ noch einmal seine Position: „Wenn das Land das Gesetz verabschiedet, muss es auch für die Kosten aufkommen. Oder anders: Wer die Musik bestellt, muss sie auch bezahlen.“

Die Frage, ob das Land den Kommunen mögliche Ausgleichszahlungen zukommen lässt, bleibt zunächst offen. Welche Kosten auf kommunaler Seite entstünden, werde nun bis Ende Januar 2014 evaluiert, betonte NRW-Schulministerin Sylvia Löhrmann (Grüne). Für die Stadt Essen wurden mögliche Folgekosten durch die Umsetzung der Inklusion bereits durch ein Gutachten ermittelt, an dem, so Peter Renzel, Finanzwissenschaftler der Bergischen Universität Wuppertal beteiligt waren, und das schon vor den Sommerferien vorgestellt wurde.

Gesetz ohne Qualitätsstandards

Die Prognose der Experten: Die geschätzten Investitionskosten werden sich bis zum Schuljahr 2019/20 auf mindestens 18 Millionen Euro belaufen. Und zwar allein für den Bau, den Umbau und die Ausstattung der erforderlichen Klassen-, Differenzierungs-, Fach- und Therapie-Räume, sowie die Schaffung von barrierefreien Zugängen zu den Schulgebäuden.

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Dies, so die Gutachter, sei als „Untergrenze“ anzusehen. Denn es sei mit Klassen von bis zu 30 Schülern gerechnet worden. In einer „pädagogisch sinnvolleren Reformvariante“, bei der die Größe der Klassen – etwa bei weiterführenden inklusiven Schulen – auf 25 Schüler begrenzt sei, beliefen sich die Investitionen für die Stadt Essen im selben Zeitraum schon auf mehr als 40 Millionen Euro. Hinzu kämen noch „erhebliche zusätzliche laufende Ausgaben“ – unter anderem für die Ganztags-Betreuung von Kindern und Jugendlichen mit Förderbedarf, für Schul-Psychologen und Schul-Sozialarbeiter von jährlich zwölf Millionen Euro ab 2019/20.

Schuldezernent Renzel gestern: „Wenn uns das Land nicht unter die Arme greift, werden wir das bestimmt nicht stemmen können.“

Da das Gesetz keine Qualitätsstandards beschreibe, werde die „inklusive Schullandschaft“ wohl so aussehen, wie die Städte und Gemeinden sie finanzieren könnten. Laut Renzel wird in Essen bereits an 60 Grundschulen der gemeinsame Unterricht angeboten. „Außerdem gibt es 14 weiterführende Schulen, die integrative Lerngruppen haben.“