Essen.. Die Anforderungen Behinderter an bauliche Gegebenheiten konkurrieren häufig miteinander; was Gehbehinderten den Alltag erleichtert, kann Sehbehinderte gefährden. Die Arbeitsgemeinde Selbsthilfe behinderter Menschen legt einen strengen Kriterienkatalog vor, wer die Anforderungen erfüllt, bekommt das Signet „Essen ohne Barrieren“.


Mit dem Signet „Essen ohne Barrieren“ haben Stadt und Arbeitsgemeinschaft Selbsthilfe behinderter Menschen (ASbM) ein neues Qualitätssiegel entwickelt, das Seh-, Hör, Gehbehinderten und Menschen mit emotionalen Störungen richtungweisend sein soll. Das neue Signet ersetzt damit das NRW-Barrierefreiheits-Siegel, das nicht mehr vergeben wird.

Die Besonderheit: Das Essener Siegel wird nur an Gebäude mit Publikumsverkehr verliehen, die zuvor von Menschen mit einer Einschränkung auf Tauglichkeit getestet wurden. „Mindestens 80 Prozent unseres umfangreichen Kriterienkataloges müssen dafür erfüllt sein“, sagt ASbM Vorstandsmitglied Angela Ströter.

Eine 100-prozentige Kriterien-Erfüllung sei wegen konkurrierender Interessen und Anforderungen kaum erreichbar. „Nehmen wir einen abgesenkten Gehweg. Für jemanden mit einer Gehbehinderung ist das praktisch. Ein Sehbehinderter empfindet es aber als gefährlich, weil er die Gehwegkante mit dem Stock nicht tasten kann.“ Womit beide Tester ein und dieselbe Situation unterschiedlich bewerten würden.

Sozialdezernent Peter Renzel zeichnete zehn Häuser aus

Ausgezeichnet wurden gestern von Sozialdezernent Peter Renzel zehn Häuser; wobei das Hotel Franz des Franz Sales Hauses am besten abschnitt. Die Barrierefreiheitskriterien für Seh- und Hörgeschädigte werden dort zu über 80 Prozent erfüllt, die Anforderungen für emotional und Gehbehinderte zu über 90 Prozent.

Barrierefreiheit, das machte Renzel während der gestrigen Verleihungszeremonie klar, gibt’s nicht zum Nulltarif. Doch sei die gute Erreichbarkeit öffentlich zugänglicher Gebäude auch ein klarer Wettbewerbsvorteil. So punktete auch das „Franz“ jüngst bei der Kanu-Meisterschaft in Duisburg, „die beeinträchtigten Sportler haben alle bei uns gewohnt, weil es in der Nähe der Regattabahn kein Haus mit vergleichbarer Ausstattung gab“, sagt Hoteldirektorin Karin Poppinga.

Das Franz Sales Haus ließ sich übrigens bereits in der Bauphase des Franz von Bauexperten zur Barrierefreiheit beraten, was deutlich günstiger sei als der nachträgliche Umbau von Bestandsimmobilien, wie Poppinga erklärt. Weitere Firmen, die gestern das Signet erhielten: Intercity-Hotel, Welcome-Hotel, Café Treff der Ev. Kirche, Alleecenter, Restaurant Church der Ev. Kirche, AOK-Regionaldirektion Essen, Geriatrie-Krankenhaus und Betreutes Wohnen Haus Berge und die St. Nikolaus Kirche.