Essen. . In Altendorf sind einer Vermieterin die Hände gebunden: Das Pärchen, das eine Erdgeschoss-Wohnung angemietet hatte, war plötzlich weg – dafür waren neue Mieter da. Sieben Leute auf einen Streich. Sie sprechen kaum Deutsch, und niemand fühlt sich zuständig.

Das gepflegte Mehrfamilienhaus an der Amixstraße hat einen schönen Vorgarten. Die Wege sind sauber, der Rasen ist gepflegt. Zwei sorgsam geschnittene kleine Bäumchen in großen Töpfen flankieren die Haustür. Hinter dieser Tür ist es allerdings nicht ganz so idyllisch, wie es der Vorgarten vermuten lässt. Das hängt mit den sieben Mietern in der 52- Quadratmeter-Wohnung im Erdgeschoss zusammen, die dort eigentlich gar keine Mieter sind.

Die Wohnung gehört Roswitha Naguschewski. Die 64-Jährige hat eine kleine Wohnung in Holsterhausen. Wer sie besucht, findet Ordnung vor. In ihrem Kalender ist jeder Termin des Tages genau notiert. In einem dicken Ordner hat die gelernte Bautechnikerin Verträge und Kopien akribisch abgelegt. So kommt Ordnung in die Unordnung an der Amixstraße.

Entfernte Verwandte der Mieter

Ende 2012 ist dort ihre langjährige Mieterin verstorben. Ende April fand sie Nachmieter. Ein rumänisches Pärchen mit einem siebenjährigen Sohn. Das Trio sprach zwar kaum Deutsch, brachte aber die relevanten Papiere und unterschrieb den Vertrag, in dem 410 Euro Monatsmiete notiert wurden. „Im ersten Monat wurden nach Absprache 200 Euro bezahlt. Der Herr D. ist Maler, hat die Wohnung gestrichen“, erinnert sich Roswitha Naguschewski.

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Es sollte das letzte Mal sein, dass das Paar bezahlte. Im Juni und Juli kam kein Geld. Roswitha Naguschewski mahnte, fuhr immer wieder zur Amixstraße und traf dort Anfang August überraschend Familie S. an. Auch Rumänen, entfernte Verwandte ihrer Mieter. Die waren weg. Roswitha Naguschewski ging zur Polizei. Und wurde abermals überrascht. „Der Mann wurde gesucht, weil er ohne Führerschein herumfährt. Gegen seine Partnerin liegt was Strafrechtliches vor“, erinnert sich die 64-Jährige. Unter den angebenen Handynummern waren beide länger nicht mehr für ihre Vermieterin erreichbar.

Niemand spricht deutsch

Die hatte plötzlich neue Mieter. Ein Paar und fünf Kinder, darunter ein Säugling. Auch dort war Roswitha Naguschewski mehrfach zu Besuch. Das Problem: Niemand spricht deutsch. Mit Händen und Füßen konnte sie den Rumänen zumindest erklären, dass es gefährlich werden kann, wenn man das Kabel des Herdes quer durch den Raum legt und dann in eine normale Steckdose steckt. „Trotzdem machen sie es immer wieder“, hadert die Holsterhauserin.

Ansonsten kann sie über ihre neuen Mieter nicht klagen: „Sie sind freundlich. Seit ich ihnen gesagt habe, dass sie putzen müssen, putzen sie. Donnerstag habe ich eine Monatsmiete bekommen.“ Naguschewski hat mit Polizei, Feuerwehr, Politikern und dem Jugendamt gesprochen. Helfen konnte niemand. Inzwischen hat sie eine Anwältin eingeschaltet und den Mietvertrag gekündigt. Nur sind die ursprünglichen Mieter nicht mehr auffindbar. „Ich will kein Kind auf die Straße setzen“, sagt sie mit einem Anflug von Resignation. Sie weiß, dass ihr ein zeitlich wie finanziell aufwändiges Verfahren droht, bei dem mehrere Tausend Euro für Anwalt, Gericht, Gerichtsvollzieher usw. zusammenkommen können. „Aber es muss was passieren.“