Essen. . Der Alkleider-Klau kommt in Essen in Mode: Stadtweit wurden in den vergangenen zwei Wochen über 32 Altkleider-Container aufgebrochen. Der beauftragte Entsorger ist ratlos. Bislang gibt es keine heiße Spur. Merkwürdig: Offenbar wissen der oder die Täter ganz genau, wo etwas zu holen ist.

Sie kommen offenbar nachts, haben Winkelschleifer dabei und Elektrobohrer – Kriminelle, die seit gut zwei Wochen stadtweit ihr Unwesen treiben, Kleidercontainer aufbrechen und den Inhalt stehlen. Bisher unbemerkt. „Wir sind allmählich verzweifelt“, sagt Nexhip Gjikolli, Chef der Firma „Textil Recycling Nord“ mit Sitz im niedersächsischen Himmelpforten. Im Auftrag der Entsorgungsbetriebe sammelt sie als ei­ne von zwei Firmen alte Kleider und Schuhe zwischen Karnap und Kupferdreh – zwei Stadtteile, in de­nen die Langfinger offenbar besonders gerne unterwegs sind, aber auch in Altenessen-Süd und Freisenbruch.

„Ziemlich viel kriminelle Energie“

„Alleine in der Nacht zu Dienstag wurden sechs Container in Huttrop und Rüttenscheid aufgebrochen“, beklagt Gjikolli. An über 32 Container hätten sich die Langfinger bisher zu Schaffen gemacht, 250 Container hat er stadtweit aufgestellt. Dazu kommen die 130 eines Mitbewerbers, der „Efiba Handelsgesellschaft“ aus Bassum (Niedersachsen). „Vor fünf Wochen wurde auch bei ei­nem unserer Container professionell der Schlossmechanismus abgeflext“, betont „Efiba“-Logistikleiter Gerald Zehner. Dieses Vorgehen habe er vorher bundesweit noch nie gesehen. Zehner: „Da steckt ziemlich viel kriminelle Energie dahinter.“ Nach den Erfahrungen seines Mitbewerbers befürchtet Zehner, dass seine Container nicht mehr lange verschont bleiben.

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Merkwürdig erscheint Gjikolli, dass der oder die Täter offenbar wissen, wo etwas zu holen ist: „Betroffen sind die Container, die am besten befüllt werden.“ Man müsse schon mit der Arbeit vertraut sein und das Gebiet kennen, um zu wissen, wo gute Textilien in den Container wandern. Und wo nicht. Außerdem würden die Container meist kurz vor der eigentlichen Leerung aufgebrochen. „Das macht mich stutzig“, meint Gjikolli, der seine eigenen Mitarbeiter jedoch nicht in Verdacht hat. Sie seien „sehr vertrauensvoll“. Um auf Nummer sicher zu gehen, seien die Fahrzeuge mit GPS ausgestattet, „da wissen wir zu jeder Sekunde, wo welcher Fahrer mit welchem Wagen gerade unterwegs ist“.

12.000 Euro Schaden

Rund 12.000 Euro Schaden habe man schon zu beklagen, da der oder die Täter teilweise die gesamte Mechanik zerstörten. „Dann nützt Reparieren nichts mehr und ein neuer Container für 420 Euro muss her“, betont Gjikolli. Dazu kämen die fehlenden Einnahmen je Container, „da sie uns noch nicht mal die Lumpen drin lassen“. Gestern hat sich Gjikolli ein eigenes Bild von den „Problemstandorten“ in der Stadt gemacht. Am Tag zuvor erstattete er bei der Po­lizei Anzeige gegen Unbekannt. Darauf habe er bisher verzichtet, „ich dachte bisher, das gibt sich schon“.

Neue Schlösser, die noch schwieriger zu knacken seien, wurden gestern ebenfalls angebracht. „Das kostet natürlich richtig Geld, aber wir hoffen, dass dann endlich Schluss ist“, so Gjikolli. Einen Appell, verstärkt auf die grünen Container mit dem Fuchs zu achten, richtet er auch an alle Bürger. „Denn schließlich lärmt es, wenn jemand sie aufbricht. Wenn Ihnen etwas auffällt, alarmieren Sie bitte die Polizei.“

Lukrative Alttextilien

Offenbar lohnt sich das Sammeln von Alt-Textilien. Im sechsstelligen Bereich, wenn auch „deutlich unter einer Million Eu­ro“ soll sich laut Schätzungen der Entsorgungsbetriebe der jährlich in der Stadt zu erzielende Gewinn mit alten Schuhen, Pullovern, Tischdecken, Jeans & Co. einpendeln. Bis zu 2100 Tonnen kämen pro Jahr zusammen.

Wie hoch der Gewinn ist, bleibt Geschäftsgeheimnis. Immerhin: Da der gesamte EBE-Jahresüberschuss im Geschäftsjahr 2011 bei gut fünf Millionen Euro lag, sind die Altkleider ein wichtiger Faktor. Die beiden seit Februar von der EBE beauftragten Firmen verfügen über langjährige Erfahrungen und erwarben nach einer EU-weiten Ausschreibung zunächst bis Ende 2016 das fast exklusive Recht, in Essen Altkleider zu sammeln.

Mindestens einmal pro Woche muss jeder Container geleert werden, so sehen es die Verträge vor. Gutes landet in Second-Hand-Läden, andere Stoffe werden recycelt und weiterverarbeitet. Sind die Textilien nicht mehr zum Weiterverkauf geeignet, werden aus ihnen oft Putzlappen, die etwa wieder bei der EBE landen und dort in der Werk­statt zum Einsatz kommen.