Essen. . Trotz des sehr guten Wahlergebnisses wird bei der CDU lange gezittert, bis feststeht, dass Matthias Hauer den Südwahlkreis erringt. Bei der FDP ist dagegen schnell klar, dass es nichts zu feiern gibt.
Die Stimmung ist bestens im Fraktionssaal der CDU im Rathaus, das Wahlergebnis auch – und doch wird an diesem Abend nicht nur gefeiert, sondern noch lange gezittert. Gezittert, ob Matthias Hauer der SPD den Südwahlkreis abjagt.
„Wenn nicht heute, wann dann“, das ist die Meinung im jungen Hauer-Wahlteam, das in orangenen T-Shirts noch immer für den Kandidaten wirbt. Und ein älterer Christdemokrat sagt mit Blick auf die lokalen Auszählergebnisse, die um 19.15 Uhr über den Computerbildschirm flimmern: „Wir brauchen nur noch ein weiteres Augustinum.“ Im Wahllokal in der Seniorenresidenz in Essens Süden haben satte 77 Prozent der Wähler für die CDU gestimmt.
„Alles Kaffeesatzleserei“, winkt Fraktionschef Thomas Kufen um 19.25 Uhr ab. Vor voreiligem Jubel warnt der Politprofi, der auch für die CDU im Landtag sitzt. Zu Hause hat er sich die Hochrechnungen um 18 Uhr angesehen, ist erst ins Rathaus gefahren, als er das „tolle Ergebnis für die CDU, für Angela Merkel“ gesehen hatte. Eine Schlussfolgerung zieht er indes schon am frühen Abend: „Das wird uns Aufschwung für die Arbeit vor Ort geben! Für die Kommunalwahl 2014.“
Was Matthias Hauer angeht, schaut Kufen womöglich noch ein bisschen angespannter als der Kandidat selbst auf den Bildschirm, murmelt von einem „Herzschlagfinale“. Anders lässt sich auch kaum beschreiben, was da im Laufe des Wahlabends passiert: Je mehr der 190 Wahlbezirke ausgezählt sind, desto besser sieht es für Hauer aus; desto mehr schwindet der Vorsprung von Petra Hinz – doch bis zum Schluss wechseln sich beide mit der Führungsposition im Südwahlkreis ab. Da scherzt Kufen: „Vermutlich kann sich Herr Hauer am Ende aussuchen, ob er als Direktkandidat oder über die Liste in den Bundestag einzieht.“
Wahlkrimi in Essen
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Tatsächlich ist dem 35 Jahre alten Hauer mit Platz 30 der Landesliste der Einzug ins Parlament ziemlich sicher, doch an diese Option mag der Kandidat auch um 20.50 Uhr noch nicht denken: „Ich will das jetzt gewinnen, will endlich einmal für die CDU einen Wahlkreis im Ruhrgebiet erringen.“ Um 23 Uhr steht nach einem nervenzerfetzenden Abend fest, dass er es geschafft hat – mit drei Stimmen Vorsprung! Der Jubel der CDU tönt da durchs ganze Rathaus, Hauer dankt seinem Team für den starken Kampf, nun sei er „überglücklich“. Und CDU-Ratsfrau Jutta Eckenbach jubelt: „Das ist Freude pur!“
„Da müssen wir einiges aufarbeiten“
Schon zwei Stunden vorher hat sich das griechische Restaurant „Hügoloss“ am Baldeneysee geleert, die Getreuen der Essener FDP sind fast alle nach Hause geschlichen. „Nur der harte Kern ist hier“, sagt der vom Wahlergebnis restlos enttäuschte Essener FDP-Vorsitzende Ralf Witzel. „Ich bin seit Schülerzeiten für die Liberalen engagiert, für mich ist das politisch der bitterste Tag seit 30 Jahren“, so der Landtagsabgeordnete.
Wie konnte es dazu kommen? Witzel, der in seiner Partei seit jeher dafür wirbt, einen klareren wirtschaftsliberalen Kurs zu fahren, sieht Defizite beim Profil, was auch mit Personen zusammenhänge. „Da müssen wir einiges aufarbeiten, und es ist zum Beispiel völlig klar, dass Philipp Rösler nicht an der Spitze der Partei bleiben kann.“ Für Witzel ein Nahziel: Die Kreispartei aufzurichten, neu zu motivieren, um 2014 bei der Kommunalwahl ein gutes Ergebnis zu erzielen. „Ein Selbstläufer wird das nicht.“
Ob auch im Viererbündnis im Essener Rat nun ein härterer Kurs gefahren werden, die FDP stärker klare Kante zeigen soll, will Witzel gestern so dezidiert nicht fordern. In der Vergangenheit war allerdings genau dies stets sein Anliegen.
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