Berlin. . In vier Kliniken soll es schwerwiegende Verstöße gegen Organspende-Richtlinien gegeben haben. Die Prüfer decken auf, dass auch am Uniklinikum Essen bei der Vergabe von Lebern angeblich gegen Richtlinien verstoßen wurde. Anders als in Münster seien die Regeln aber nicht systematisch gebrochen worden.

Am Essener Uniklinikum hat es bei der Vergabe von Lebern angeblich Verstöße gegen die Richtlinien gegeben, aber nicht systematisch. Das geht aus dem Kontrollbericht über die Organvergabe an 24 Kliniken hervor, den die Bundesärztekammer am Mittwoch vorgestellt hat.

Dem­nach haben die Gutachter in Essen bei 47 Fällen von 2010 bis 2011 offenbar zehn Verstöße festgestellt, was das Uniklinikum sofort dementierte. Zudem prüften die Gutachter Akten von 2009 und Dialysepatienten von 2008. Auch dort gab es offenbar Verstöße.

Als Dialysefall in der Warteliste nach oben

Laut Kontrollbericht erhielt eine Patientin 2009 eine Leber, nachdem sie bei Eurotransplant als Dialysefall gemeldet wurde. Dadurch rückte sie in der Warteliste nach oben. Die Gutachter fanden aber „keine Anhaltspunkte, die eine Dialyse erforderlich machen würden“.

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In einem anderen Fall wurde ein Patient als dialysepflichtig gemeldet, obwohl er keine Blutwäsche erhalten haben soll. Zudem habe eine Krebskranke eine Leber erhalten, obwohl sie so krank gewesen sein soll, dass „eine Transplantation nicht mehr hätte durchgeführt werden dürfen“.

„Fehler der Vergangenheit müssen aufgeklärt werden“

„Fehler der Vergangenheit, wie sie jetzt für das Transplantations­zen­t­rum Essen beschrieben werden, müs­sen aufgeklärt werden“, sagte NRW-Gesundheitsministerin Barbara Steffens (Grüne). Der Ärztliche Direktor des Uniklinikums, Eckhard Nagel, sprach von „Fehlinterpretationen“ im Prüfbericht. „In keinem der Fälle liegt ein Richtlinienverstoß vor“, sagte Nagel und forderte eine Überarbeitung der Regeln.

Nach den Transplantationsskandalen – vor allem in Göttingen – war der Bericht der Überprüfungskommission der Ärztekammer mit Spannung erwartet worden. Darin ­ha­ben die Prüfer schwerwiegende systematische Verstöße vor allem an den Unikliniken in Göttingen und Leipzig festgestellt sowie in geringerem Ausmaß in München „rechts der Isar“ und in Münster (UKM), wo 25 Verstöße dokumentiert wurden.

Kein System erkennbar

In 15 weiteren Zentren, darunter Essen, stellten sie Verstöße fest. Aufgrund der jeweiligen Umstände oder der geringen Anzahl gebe es hier aber keinen Verdacht auf systematische Falschangaben, sagte die Vorsitzende der Prüfungskommission, Anne-Gret Rinder. Gesundheitsminister Daniel Bahr (FDP) hob hervor, dass es keine Belege gegeben habe, wonach Ärzte gegen Bezahlung von Patienten manipuliert haben sollen. Angeblich wurden auch Privat­pa­ti­enten nicht bevorzugt.