Essen. . Der Firmenchef hat den Großbrand selbst erlebt: Als auf rund 4000 Quadratmetern des Fenster- und Türenbauers Portawin Kriege in Stoppenberg ein Großbrand wütete, half Georg Kriege beim Einsatz der Feuerwehr mit. Der Schaden geht in die Millionen. Aber ans Aufgeben, sagt Kriege, habe er nie gedacht.
Das Telefon klingelt am Sonntag um kurz nach drei Uhr morgens. Georg Kriege schläft, seine Gattin nimmt ab. Am anderen Ende der Leitung ist die Ehefrau des Produktionsleiters des Fenster- und Türenbau-Betriebs Portawin Kriege in Stoppenberg, Sie leben in einem Haus am Rande des Werksgeländes. „Die Firma brennt“, berichtet die Frau. Und Georg Kriege, gerade noch in tiefstem Schlaf, wirft sich einen Mantel über und rast aus dem Essener Süden nach Stoppenberg. Als der 68-Jährige ankommt, befinden sich 4000 Quadratmeter seines Betriebes im Vollbrand.
„Sie müssen kopfgesteuert sein“, erinnert sich Kriege an seinen ersten Eindruck anderthalb Wochen danach, „für Gefühle haben Sie keine Zeit.“ Also hilft er den Männern der über die automatische Brandmeldeanlage schon alarmierten Feuerwehr, wo er kann, versucht zu organisieren, zu delegieren. „Es war heftig“, blickt Kriege zurück, „das Feuer hat sich rasend schnell ausgebreitet.“ Mit bis zu 200 Kräften kämpfen die Brandschützer gegen die Flammen an. Als es Tag wird, wird Georg Kriege der Folgen gewahr. Eine riesige Produktionshalle ist komplett zerstört, von vier Fahrzeugen ist kaum noch etwas übrig, das frühere Verwaltungsgebäude ist stark beschädigt und einsturzgefährdet. Etwa zwei Drittel der Gebäudefläche von Portawin Kriege sind abgebrannt. Menschen sind nicht zu Schaden gekommen.
Schäden in Millionenhöhe
Anderthalb Wochen später zieht auf dem Gelände im Gewerbegebiet Zeche Ernestine immer noch beißender Brandgeruch in die Nase. Von einem Kleintransporter ist nicht mal mehr der Hersteller zu erkennen, von einem Gabelstapler nur noch ein Fragment übrig. Asche bedeckt den Boden. Es staubt schwarz. Der Gang über den Hof gibt einen Eindruck davon, mit welcher zerstörerischen Kraft das Feuer in dieser Nacht gewirkt haben muss.
Nach dem Großbrand
Georg Kriege mag die Schäden nur grob beziffern: „Es dürften etliche Millionen Euro sein.“ Sachverständige und Gutachter müssen nun genaue Zahlen ermitteln. Kriege ist versichert, sogar gegen mögliche Betriebsunterbrechungen: „Aber wie gut Sie versichert sind, das wissen Sie immer erst hinterher“, sagt Kriege. Aber er lacht noch dabei.
Portawin Kriege gibt es seit über 100 Jahren - vor 25 Jahren brannte es schon einmal
Ironie des Schicksals: Als die Feuerwehr am Montagmorgen auch die letzten Brandnester unschädlich gemacht hat, hätten für die Belegschaft von Portawin Kriege die dreiwöchigen Betriebsferien begonnen. Der Chef selbst hätte sich in den Urlaub verabschiedet, stattdessen steht er nun dem hausinternen Krisenstab vor: „Was wollen Sie machen?“, fragt Kriege rhetorisch, „den Kopf in den Sand zu stecken bringt ja nichts.“ Der Firmenchef muss sich mit einem Teil seiner Mitarbeiter darum kümmern wie es weiter geht. An erster Stelle auf der Agenda steht das Aufräumen. Es werden wohl mehrere hundert Container werden, schätzt Kriege, in denen er den Schutt säuberlich getrennt abtransportieren lassen muss. Eine besondere Herausforderung dürfte die ebenfalls völlig zerstörte ehemalige Lackierstraße für Türen und Furnierteile sein - ein 15-Tonnen-Trumm, der vor der Entsorgung komplett zerlegt werden muss.
„Das passiert uns nie wieder“ - dieser Gedanke schoss Georg Kriege vor rund einem Vierteljahrhundert durch den Kopf, als es schon einmal auf dem Gelände des Fensterbauers brannte. Allein das Silo kokelte damals sechs Wochen lang vor sich hin. Kriege hat die Brandwände seiner Hallen erhöht, auf riskante Baustoffe verzichtet. Die automatische Brandmeldeanlage wurde damals installiert. Verhindert hat das das Feuer vom Sonntagmorgen nicht. Es steht zu befürchten, dass die Brandursache niemals gefunden wird, dafür sind die Spuren der Verwüstung durch das Feuer zu groß. Weshalb es vor 25 Jahren schon einmal brannte, weiß Georg Kriege bis heute nicht.
78 Mitarbeiter arbeiten für Portawin Kriege
Großbrand in Stoppenberg
Seit 31 Jahren führt der Firmen-Chef die Geschicke von Portawin Kriege in leitender Position. Seit über 100 Jahren gibt es das deutschlandweit aktive Unternehmen, in dem 78 Mitarbeiter beschäftigt sind. „Der Betrieb“, sagt Georg Kriege, „wird in zwei Wochen wieder anlaufen, aber auf keinen Fall normal.“ Am Ende der Sommerferien sind allein die Betriebsferien bei Portawin Kriege vorbei, der Neuanfang noch lange nicht. Es wird Wochen dauern, vielleicht Monate. „Wir bauen wieder so auf, wie wir vorher waren“, verspricht Kriege, „für mich hat sich nie die Frage gestellt, ob wir weitermachen oder nicht. Wir müssen nach vorne gucken.“