Essen.. Industriekulisse als Bühne – das interpretierten die Zechen Carl und Zollverein als Veranstalter bei der langen Nacht der Industriekultur „Extraschicht“ in diesem Jahr sehr individuell.
Beinahe intim mutete die Atmosphäre auf dem - im Vergleich zum Welterbe – überschaubaren Gelände der Zeche Carl an. Live-Musik vor dem Maschinen-Haus, Improvisationstheater und Graffiti-Sprühaktionen im Freien, während die Studenten des Folkwang Physical Theatre die Bühne im Maschinenhaus mit einem kurzweilig amüsanten Zwei-Personen-Stück und Gedanken über das Zusammensein bespielten. Eine runde Sache und eine hervorragende Bühne für Künstler der freien Szene und Folkwang-Studenten.
Doch zum Verweilen blieb angesichts des dicht gefüllten Extraschicht-Kalenders kaum Zeit; viele Gäste nutzten die Gelegenheit, mit dem Shuttle-Service zur zweiten Essener Spielstätte, der Zeche Zollverein, zu fahren – wo sich das Programm auf dem großen Gelände ein wenig verlor. Ein Bindeglied zwischen den Attraktionen zum diesjährigen Motto „Von Sinn und Unsinn“ suchte man vergeblich.
Variéte-Theater Gop bekommt viel Aufmerksamkeit
Stattdessen stand mancher Pavillon ein wenig zusammenhanglos auf dem Gleisboulevard-Gelände. Dennoch versuchte man tapfer mit Kleinkunst und Zauberei, das Publikum zu unterhalten. Mehr Aufmerksamkeit gab es für die Profis des Varieté-Theaters Gop, die mit Auszügen aus der aktuellen Produktion „Viva Las Vegas – Willkommen in Nevada“ die große Bühne am Gleisboulevard neben Halle 12 bespielte. Hunderte Gäste verfolgten die Show – zur Extraschicht gab’s die kostenlos.
Großer Andrang herrschte auch vor der Rolltreppe zum Ruhrmuseum – der Platz diente Artisten, die mit Tüchern durch die Luft turnten, im „Flugzeug am Haken“ zur Flöte griffen und Einrad-Artisten als Bühne. „Schon dafür hat es sich gelohnt, hierher zu kommen“, sagt Nicole Trost, die aus Herne erstmals den Weg nach Zollverein fand.
Extraschicht-Veranstalter bekommt Wartezeiten nicht in den Griff
Geärgert hat sie sich jedoch über das Catering. „Wir haben am Grillstand über eine halbe Stunde angestanden“, sagt sie, „auf Getränke haben wir dann verzichtet, denn an den Bierständen waren die Schlangen nicht kürzer.“ Wartezeiten, die es so schon bei der letzten Extraschicht gab. „Man würde sich wünschen, dass die das mal in den Griff kriegen“, moniert Michael Gryzka, der erneut aus Dortmund nach Essen kam.
Dafür findet auch er den Blick von der Kohlenwäsche spektakulär. „Wenn man von da oben auf Zollverein schaut, bekommt man mal einen Eindruck, wie riesig das Gelände eigentlich ist.“ Weiter ging’s für ihn in Richtung Kokerei-Gelände, wo mannshohe Köpfe und Lichtinstallationen eindrucksvoll in der Nacht leuchteten.