Essen.
Die Renaturierung der Emscher und ihrer Zuflüsse wird nicht ohne Kollateralschaden über die Bühne gehen. Damit das stinkende Abwasser in Kilometer langen Rohrleitungen verschwinden und die Bächlein in einem naturnahen Bett dahinplätschern können, müssen zahlreiche Kleingärtner ihre Scholle räumen. Die Parzellen sind schlichtweg im Weg. In Frohnhausen etwa, wo die Emschergenossenschaft derzeit den Umbau des Borbecker Mühlenbachs vorantreibt, geht es um 72 Gärten des Kleingartenvereins Essen-West. Auch am Pausmühlenbach und am Schwarzbach sollen Kleingärten weichen.
„Für uns kommt das sehr überraschend“, sagt Heinz Schuster, Vorsitzender des Dachverbandes der Essener Kleingartenvereine, in Anspielung auf die Pläne der Emschergenossenschaft am Borbecker Mühlenbach. Bis vor vier Wochen habe es noch geheißen, nur zwei Gärten müssten weg. Dass es nun 72 sein sollen, „ist ein Schlag für uns alle“.
Laut Ilias Abawi, Sprecher der Emschergenossenschaft, mussten die Planungen geändert werden, da der Bau eines Regenrückhaltebeckens sich an der dafür ausgeguckten Stelle nicht realisieren lässt. Was nun?
Ein jahrhundertprojekt
„Der Emscherumbau ist ein Jahrhundertprojekt. Das können und wollen wir Kleingärtner nicht aufhalten“, zeigt sich Schuster ungewohnt moderat. Soviel Entgegenkommen hat natürlich seinen Preis. Lauben und Gärten würden nun auf ihren Wert hin geschätzt. Zwischen 6000 und 15.000 Euro pro Kleingarten wird die Emschergenossenschaft wohl hinblättern müssen, so der Verbandschef. Das sind sprichwörtlich „Peanuts“ im Vergleich zu den 300 Millionen Euro, die die Genossenschaft allein auf Essener Stadtgebiet in den Emscher-Umbau investiert.
Schuster erwartet, dass sich wohl die Häfte der betroffenen Laubenpieper abfinden lassen werde. Schließlich macht der demographische Wandel am Gartenzaun nicht halt. „Das Durchschnittsalter unserer Kleingärtner ist hoch.“ Jenen aber, die auf eine eigene Scholle nicht verzichten mögen, werde der Verband in einer anderen Kleingartenanlage eine Parzelle anbieten.
Alles im Fluss also an Berne und Bächen? Grund und Boden des Kleingartenvereins gehören der Stadt. Die hat städtebaulich großes Interesse an der Renaturierung der zu Köttelbecken degradierten Bachläufe. Sollte der Dachverband der Kleingartenvereine sich bei dem Vorzeigeprojekt der Emschergenossenschaft querstellen, bliebe das nicht ohne Widerspruch aus dem Rathaus.
Anders verhält es sich mit der Kleingartenanlage Am Weidkamp, wo laut Schuster 15 bis 20 Gärten dem Pausmühlenbach weichen sollen, und mit Kleingärten in Frillendorf und Kray. All diese seien im Besitz der Kleingartengrund- und -boden gGmbH. Die Emschergenossenschaft hat es hier rechtlich gesehen mit Privatbesitz zu tun. „Das ist unser Pfund“, sagt Schuster. Für den Fall nur, dass es doch einmal nicht so rund laufen sollte bei den Verhandlungen.