Essen/Gelsenkirchen/Hamm. Tief in die Tasche greifen muss ein 30 Jahre alter Gelsenkirchener für das Betreiben einer Cannabis-Plantage: Satte 50.000 Euro muss er nachzahlen, weil er unerlaubt Strom für seine Pflanzen abgezapft hatte. Das hat das Oberlandesgericht Hamm entschieden. Ein Essener Energieversorger hatte geklagt.
Ein Kunde, der nach der Manipulation von Messeinrichtungen unerlaubt Strom zum Betrieb einer Cannabis-Plantage entnommen hat, muss für den Stromverbrauch nach einer Schätzung des Stromversorgers über 50.000 Euro nachzahlen. Über dieses Urteil informiert das Oberlandesgericht (OLG) Hamm, das damit ein Urteil des Landgerichts Essen im Wesentlichen bestätigte.
Der klagende Stromversorger aus Essen verlangt vom 30 Jahre alten Beklagten aus Gelsenkirchen rund 50.000 Euro für Stromlieferungen. Im Rahmen der Grundversorgung versorgte das Unternehmen den Mann seit Juli 2007 mit Strom für eine Mietwohnung in Gelsenkirchen. "Unter Umgehung der Zähleinrichtungen", so das OLG Hamm, "entnahm der Beklagte Strom für den Betrieb einer Cannabis-Plantage". Diese wurde im August 2009 von der Polizei entdeckt.
Haschisch-Gärtner wollte nicht zahlen
Der Stromversorger schätzte den illegalen Stromverbrauch und stellte dem Gelsenkirchener für den Zeitraum von Juli 2007 bis August 2009 über 53.000 Euro in Rechnung. Der Mann jedoch wollte nicht zahlen, da er lediglich im Jahr 2009 und in erheblich geringeren Umfang unerlaubt Strom entnommen habe.
Das OLG Hamm jedoch sah das anders und sprach dem Stromversorger über 50.000 Euro für geschätzte Stromentnahmen in der Zeit vom September 2007 bis August 2009 zu. Begründung: Das Unternehmen dürfe "den durch Umgehung der Messeinrichtungen vom Beklagten entnommenen Strom gemäß § 18 StromGVV schätzen". Es sei dann Sache des Kunden nachzuweisen, dass er tatsächlich weniger Strom entnommen habe oder dass die Schätzung nicht richtig sei. Dies sei dem Beklagten weitgehend misslungen.
"Vorbereitungszeit" für Aufbau der Plantage
Dass er die Cannabis-Plantage erst im Jahr 2009 betrieben habe, sei nicht glaubhaft, nachdem er die Wohnung bereits im 2007 "allein zu diesem Zweck angemietet" habe. Zu seinen Gunsten sei lediglich von einer "Vorbereitungszeit" bis September 2007 auszugehen, die zum Aufbau und der Installation der Verbrauchsgeräte benötigt worden sei. Die von dem Stromversorger zugrunde gelegten Verbrauchszahlen seien zudem auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens "und anhand der nach der polizeilichen Untersuchung in der Wohnung eingesetzten Lampen und Klimaanlagen" zu bestätigen.