Essen. „Durchblick“ heißt die Broschüre, in der Claudia Schröder und Mechthild Nijhuis gesetzliche Regelungen verständlich erklären. Wie wichtig das ist, erleben die beiden Krankenschwestern täglich in ihrer Arbeit für die Familien- und Krankenpflege e.V. in Essen.

Claudia Schröder und Mechthild Nijhuis sind Krankenschwestern, arbeiten schon lange in der Pflege – und haben eher zufällig eine Art Bestseller geschrieben. Vor sechs Jahren erschien erstmals ihre Broschüre „Durchblick Pflegeversicherung“, seither wurden 18.000 Exemplare verkauft, und soeben erschien die dritte Neuauflage.

Die Materie ist trocken, doch die beiden machen sie so anschaulich wie möglich und begegnen damit einem wachsenden Bedarf. „Die gesetzlichen Regelungen, Pflegestufen, benötigte Minuten — das macht viele Menschen ratlos“, sagt Schröder, die Pflegesachverständige ist und für die Familien- und Krankenpflege e.V. (FuK) monatlich eine Sprechstunde zum Thema anbietet. Die Termine sind stets ausgebucht.

Vorgehensweisen der Gutachter verstehen

„Für den Normalbürger ist es oft kaum verständlich, warum die Pflegestufe abgelehnt wird, obwohl der Ehemann oder die Großmutter für die einfachsten Alltagsdinge Hilfe benötigen.“ Der Gutachter überprüfe formale Kriterien, etwa ob der alte Mensch einen Nackengriff ausführen könne. „Wenn ja, folgert der Gutachter, dass sich derjenige selbst anziehen kann. Er fragt aber nicht: Will sich dieser Mensch überhaupt waschen und ankleiden.“ Gerade dieser Aspekt sei bei Menschen mit Demenz aber höchstwichtig.

Darum freuen sich Schröder und Nijhuis, dass mit dem Pflegeneuausrichtungsgesetz, das Anfang 2013 in Kraft trat, nun dementiell-bedingte Defizite etwas stärker berücksichtigt werden. Was alles als Einschränkung der Alltagskompetenz gilt, haben sie in ihrem „Durchblick“ auf dreieinhalb Seiten aufgelistet: Etwa wenn der Pflegebedürftige eine Neigung zum Weglaufen hat: Also die Wohnung verlässt, um zur Arbeit zu gehen, obwohl er schon lange in Rente ist. Oder wenn er Gefahren völlig falsch einschätzt und zum Beispiel mit kochendem Wasser Zähne putzt, Zigaretten isst oder Wäsche im Backofen trocknet. Solche Fälle kennen die beiden aus ihrer langjährigen Arbeit; das gesamte Gesetz verständlich zu machen, sei echte Übersetzungsarbeit.

Ein Cafébesuch ist schon Luxus

Wichtig sei ihnen auch das Wohl der pflegenden Angehörigen, betont Mechthild Nijhuis. Als Pflegeberaterin schult sie diese, bringt ihnen bei, wie sie einen kranken Menschen gut umlagern können oder hilft, eine sinnvolle Tagesstruktur zu entwickeln. Während Betroffenen solch praktische Hilfe gern annehmen, sei es schwer ihnen zu vermitteln, dass sie auch mal durchatmen müssen.

Dabei gehe es oft nur um eine Stadtrundfahrt oder einen Cafébesuch: „Das ist für manche ein Luxus, den sie sich nicht gönnen.“ Claudia Schröder hat erlebt, dass Angehörige, die ihren Schützling zum ersten Mal in Kurzzeitpflege geben, die freien Tage gar nicht genießen: „Die sind nur voller Sorge.“ Auch darum sei der Treffpunkt für pflegende Angehörige der FuK so wichtig: Von Menschen in der gleichen Lage lässt man sich eher sagen, wie gut eine Pause tun kann.

Eine Anlaufstelle für Angehörige

Als erste Anlaufstelle für alle, die einen Freund, Verwandten oder Nachbarn pflegen, empfiehlt die Familien- und Krankenpflege e.V. ihre Treffpunkte für pflegende Angehörige, die monatlich stattfinden: Jeden zweiten Montag im Monat findet von 17.30 bis 19 Uhr ein Treffen im Jugendzentrum, Wesselswerth 10, in Werden statt. Jeden letzten Montag im Monat ist das Treffen an der Altendorfer Str. 355 (15.30-17 Uhr).

Das nächste Treffen in Werden ist demnach am 8. April, das nächste in Altendorf am 25. März. Wer erstmals teilnimmt, sollte sich möglichst anmelden bei: Claudia Schröder, 0172-98 44 803 oder Mechthild Nijhuis, 0170-38 45 109.

Schröder und Nijhuis haben 2007 den ersten „Durchblick Pflegeversicherung“ veröffentlicht. Nach einer Gesetzesänderung im Jahr 2008 wurde die erste Neuauflage nötig. Das Anfang 2013 in Kraft tretende Pflegeneuausrichtungsgesetz machte eine weitere Neuauflage nötig, die nun erschienen ist. Den neuen „Durchblick“ gibt es für 4,80 Euro bei der Familien- und Krankenpflege e.V. an der Moorenstraße, 10 in Rüttenscheid, 77 85 77. www.fuk-essen.de. Dort erfährt man auch alles über weitere Angebote wie , Pflegebegleitung oder Pflegesprechstunde.